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1861 hinter unserm Rücken nicht blos ohne uns sondern gegen uns
21. 6. verständigen. Etwas Schlimmeres könnte auch das Ergebniß
einer Conferenz kaum sein.
Die Huldigungsfrage bildet nach wie vor eine große
Schwierigkeit, da die Meinung S. Majestät des Königs und der
Mehrzahl seiner Räthe über den der Feier zu gebenden Inhalt
von einander abweicht. Wie dem indessen sei — so viel läßt sich
wohl schon jetzt mit Sicherheit sagen, daß der Akt der Huldigung
nicht vor dem Herbst (Anfang October) wird stattfinden können.
Ihr Wunsch, Sich dabei, sei es als getreuer Vasall sei es als
Staatsbürger, zu betheiligen wird Sie indeß wie ich hoffe nicht
abhalten, Ihren Urlaubsgedanken schon früher Folge zu geben.
Der König beabsichtigt, wenn die Lage der Geschäfte es
erlaubt, Ende dieses oder Anfangs des nächsten Monats
von hier abzureisen, ohne Zweifel zunächst nach Baden, wo
S. Majestät Kissinger Brunnen zu trinken beabsichtigt. So-
bald Ihnen Allerhöchsten Orts der Urlaub bewilligt ist, werde
ich Sie telegraphisch davon benachrichtigen, um Ihnen die
Möglichkeit zu gewähren in kürzester Frist Petersburg zu
verlassen. Schließlich will ich Ihnen noch für Ihre wieder-
holten Privat-Mittheilungen im Laufe des verwichenen Früh-
jahrs meinen wärmsten Dank sagen, was freilich längst hätte
geschehen sollen. Sie haben durch die darin enthaltenen zahl-
reichen und interessanten Notizen und die ihnen beigegebene
humoristische Würze nicht blos mir, sondern auch unserm Aller-
gnädigsten Herrn, dem ich mich für ermächtigt gehalten habe,
auch von dem Inhalt Ihrer Privat-Correspondenz Mittheilung
zu machen, inmitten einer schwülen und schweren Zeit hin und
wieder ein heiteres Intermezzo vorgeführt, für das wir stets
ebenso empfänglich als erkenntlich gewesen sind.
Mit aufrichtiger Freundschaft
herzlich der Ihrige
Schleinitz.