1867
1. 8.
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In Frankfurt beklagt man sich über fortgesetzten Mangel
an Rücksicht und über finanzielle Bedrückung der Stadt.
Wie viel an diesen Vorwürfen Wahres, wieviel Ueber-
treibung sein mag, bin ich nicht im Stande gründlich zu erörtern.
Läugnen läßt sich aber nicht, daß in den Kreisen, die uns zu-
gethan waren, und bei denen wir Stützen gefunden hatten,
ein entfremdender Umschwung eingetreten ist, ja man hört viel-
fach sagen, daß es unerklärlich sei, warum nicht die neuen
Landestheile sofort incorporirt wurden, statt eine einjährige
königliche Dictatur über sie zu verhängen, die jetzt in Willkür
ausartet und einschneidende Maßregeln aller Art vollzieht,
welche den schlechtesten Eindruck machen.
Wie unzufrieden die Stimmung in Schleswig-Holstein
bleibt, ist Ihnen ebenso bekannt wie auch der sich so häufig
wiederholende Vorwurf, „daß es Preußen an organisatorischem
Talente mangele“. Endlich hört man vielfach sagen, daß die
Anerkennung berechtigter Eigenthümlichkeiten, die man mit
schonender Hand kundgeben wollte, zur leeren Phrase geworden
sei, da nach kaum einem Jahre die Behandlung durchaus fehler-
haft betrieben werde, so daß Preußen sich völlig discreditire.
Was den Gang der Politik nach Außen betrifft, so sind
Sie besser unterrichtet als ich. Die französische Regierung mag
die Absicht gehabt haben, die Depesche über Nord-Schleswig
abzuschwächen, ihren beunruhigenden Effect hat besagtes Acten-
Stück wenigstens nicht verfehlt, und ich komme auf mein altes
Themga zurück, warum haben wir nicht den Gränzstrich gezogen?
Um noch einmal auf Ihre Collegen zurückzukommen, muß
es Ihnen doch erinnerlich sein, daß Sie seit dem Juli vorigen
Jahres die Minister des Innern und der Justiz als schädlich
und unfähig bezeichneten.
Mehr als je ist jetzt das Unheil, welches durch genannte
Minister gestiftet ward, zu Tage getreten, nachdem selbst das
Herrenhaus einsehen mußte, daß sich nichts zur Vertheidigung