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247.
Bismarck an Kronprinz Albert von Sachsen.
Berlin 19 December 1867.
Durchlauchtigster Kronprinz,
Gnädigster Herr.
Eure Königliche Hoheit haben mir durch das gnädige 1867
Handschreiben vom 15 eine hohe Freude bereitet und wollen 19.12.
Höchstdieselben mir gestatten, meinem unterthänigsten Danke
durch diese Zeilen Ausdruck zu geben. Die gnädige An-
erkennung, welche Eure Königliche Hoheit meinen Bemühungen
zur Abwehr unberechtigter Insinuationen zollen, dient mir
zur Ermuthigung in dem Bestreben, durch Kräftigung des gegen-
seitigen Vertrauens die Schwierigkeiten der neuen Situation
zu überwinden. Ich sehe es als die nächste Aufgabe der Bundes-
politik an, dahin zu streben, daß alle Bundesgenossen Preußens,
namentlich aber der hervorragendste unter denselben, das
Königreich Sachsen, es nicht bloß als eine Vertragspflicht,
sondern als ein werthvolles Recht ansehen, dem Bunde anzu-
gehören, ein Recht, welches von allen Betheiligten hoch genug
angeschlagen wird, um im eignen Interesse für seine Erhaltung
und Ausbildung einzutreten. Diese Bedeutung kann der Bund
für seine hohen Genossen nur dann haben, wenn den Sou-
veränen die Ueberzeugung bleibt, daß sie durch die Centrali=
firung eines Theiles ihrer Rechte in der Hand Eines unter
ihnen eine nach menschlichen Begriffen sichere Bürgschaft für
die Gesammtheit ihrer sonstigen Rechte erworben haben, und
daß letztere gegen den Druck innerer Bewegung ebenso gewiß
geschützt ist wie gegen äußere Gefahren. In diesem Sinne der
Gegenseitigkeit und Solidarität unter den hohen Genossen des
Bundes sehe ich es für eine Pflicht des Bundeskanzlers an,
das Ansehn und die Rechte der Fürstlichen Häuser innerhalb des