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zu bitten, meinem Gesuche nach Kräften Vorschub zu leisten. 1878
Ich bin ganz fertig mit meinen geringen Fähigkeiten für den 12.10.
öffentlichen Dienst und daher fest entschlossen, die mir obliegenden
Amtsgeschäfte nicht wieder zu übernehmen; es widerstrebt
meinem Ehrgefühl noch länger etwas zu scheinen, was ich nicht
sein, wenigstens nicht mehr sein kann; es verstieße wider Pflicht
und Gewissen, alle Ehren und Vorzüge meiner Stellung fort-
zugenießen mit dem Bewußtsein einer totalen Leistungsunfähig-
keit wenigstens für jede amtliche Stellung, welche von ihrem
Inhaber eine regelmäßige und andauernde Thätigkeit, nicht
blos gelegentliche Impromptus oder irgend eine zufällige
rhapsodische Leistung verlangt. — Auch habe ich die Ueber-
zeugung meiner Entbehrlichkeit — vielleicht schon zu spät —
gewonnen; dafür ist dieselbe aber gegenwärtig so stark, daß ich
ihr unmöglich untreu werden kann.
Ueberraschen wird mein Entschluß Niemand, Sie mein
verehrter Freund, am wenigsten, der Sie meine wachsende Hin-
fälligkeit seit Jahren beobachten konnten, auch wenn diese Hin-
fälligkeit nicht durch meine 71 Jahre und die letzten 14 Jahre
meiner Vergangenheit hinreichend motivirt wäre.
Ich habe Se. Majestät gebeten, den General v. Kameke
an meiner Stelle zum Kriegsminister zu ernennen, da das
Siamesenthum mit mir ihm je länger je unerträglicher werden
mußte und jedes Provisorium je früher desto zweckmäßiger zu
Ende gehen muß. — Zugleich aber habe ich auch dringend gebeten,
das Minister-Präsidium von mir zu nehmen, welches von An-
beginn an den Stempel des Provisoriums gleichfalls vor der
Stirn trug. Mag es sein, daß der Bestand des Ministerii aus
politischen Gründen vor den Wahlen nicht alterirt werden
sollte. Aber — selbst wenn ich deshalb auch noch kurze Zeit
innerhalb des Staats-Ministerii mit meinem Namen figuriren
müßte — ich bin außer Stande, die Geschäfte wieder zu über-
nehmen, und erbat daher von Sr. Moajestät auch die Fortdauer
Aus Bismarcks Briefwechsel. 20