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Mein Vater ist dieser Art zu raisonniren immer ent- 1877
gegengetreten; einmal hält er es durchaus nicht für unumstöß= 30. 10.
lich, daß ein Krieg mit Frankreich in den nächsten Jahren un-
vermeidlich wäre — niemand könne Vorsehung spielen und
wissen, wie die Welt in einigen Jahren aussehen würde; daß
jeder Krieg, selbst ein siegreicher, ein Unglück ist, steht aber fest,
und so lange er nicht wirklich ganz unvermeidlich, wird mein
Vater nicht dazu rathen. Es wäre ein zu gefährliches Spiel, den
Teufel durch Beelzebub austreiben zu wollen. Einen Krieg
anzufangen, wäre nicht so schwer; wie er enden würde, könnte
man aber nie bestimmt wissen. Das Kriegsglück ist wandelbar,
und die einsichtigsten Militairs täuschen sich mitunter in ihren
Voraussetzungen und Berechnungen. Man hat dafür gerade
jetzt ein schlagendes Beispiel in Bulgarien. Wir brauchen und
wollen keinen Krieg mit Frankreich, glauben auch, daß er nicht
nothwendig hereinbrechen muß, so lange der Papst dort nicht
unbedingt befiehlt. Tritt letzteres einmal ein, so ist an langen
Frieden allerdings kaum mehr zu glauben.
In Vorstehendem habe ich mich bemüht, Ihnen dem Sinne
nach einige Aeußerungen meines Vaters wiederzugeben. Er
ermächtigte mich, dies zu thun und bemerkte dazu, Sie könnten
beliebigen Gebrauch davon machen.
Mein Vater läßt sich Ihnen vielmals empfehlen und ich
bin, mit ausgezeichneter Hochachtung
Ihr ergebenster
Graf Herbert Bismarck.
III. Graf Henckel Donnersmarck an Bismarck.
Hochverehrter Fürst,
Die geheime Geschichte der Sinnesänderung Mac Mahons 1877
ist in ihren kuriosen Details Ew. Durchlaucht sicher schon be- 23. 12.
Aus Bismarcks Briefwechsel. 32