— 47 —
Anlage.
Craf Wurmbrandt an Staatsrath H. Fischer.
(Abschrift.) Liblin, den 27. Dezember 1851.
Verehrtester Herr Staatsrathl
Ich beeile mich, Ihr Schreiben vom 23. d. M., welches 1851
ich soeben erhalten habe, zu beantworten, mache Sie aber im 27.12.
Voraus darauf aufmerksam, daß Sie meine Antwort höchst
wahrscheinlich ungenügend finden werden, indem Zoll und
Handel auf einem mir ziemlich fremden Felde liegen. Vor
allem andern mache ich Sie auch auf meinen Standpunkt auf-
merksam. Ich glaube darüber ganz klar und richtig zu sehen,
daß ein Kampf zwischen dem beweglichen und unbeweglichen
Vermögen besteht. Weil ich konservativ bin, so stehe ich auf
Seiten des unbeweglichen Vermögens und wünsche also diesem
den Sieg. Welche Mittel zum Siege führen, kann ich nur
nach dem beurtheilen, was mir meine fünf gesunden Sinne
sagen, eben weil ich kein Kunstverständiger bin. Mein einfacher
praktischer Verstand nennt mir nun den Freihandel als Mittel
und den Schutzzoll als Weg, um zu diesem Mittel zu gelangen.
Es liegt nun auf der Hand, daß die Schutzzölle in fortwährend
fallenden Ziffern aufgestellt, und fortwährend in einer und der-
selben Ziffer auf die größtmöglichste Länderstrecke ausgedehnt
werden müssen. In diesem Sinne habe ich der Kreuzzeitung
einen Artikel gesandt, welchen sie in No. 60 im Monat März
brachte, leider aber mit Bemerkungen versah, die bei uns einen
schlechten Eindruck machten und das Mißtrauen erweckten, auch
die Konservativen Preußens würden es nicht scheuen, Vorwände
vom Himmel zu reißen, wenn sie hierdurch Preußen auf Kosten
Oesterreichs mächtiger und größer machen und ihm überhaupt
einen Vortheil zuschanzen könnten. Man bemerkte schon damals,
daß, wo das specifische Preußenthum anfange, die Legitimität
und der deutsche Rechtssinn aufhöre.