Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

156 Siebentes Kapitel: Unterwegs zwischen Frankfurt und Berlin. 
  
Bald nach dem Datum des letzten Briefes war die Ver- 
stimmung zwischen dem Könige und Manteuffel so arcut ge- 
worden, daß der letztre sich schmollend auf sein Gut Drahns- 
dorf zurückzog. Um ihn zu einem „gehorsamen Minister“ zu 
machen, benutzte der König diesmal nicht meine Minister- 
candidatur als Schreckbild, sondern beauftragte mich, den Grafen 
Albrecht von Alvensleben, den „alten Lerchenfresser“, wie er 
ihn nannte, in Erxleben aufzusuchen und zu fragen, ob er den 
Vorsitz in einem neuen Ministerium übernehmen wolle, in dem 
ich das auswärtige Ressort erhalten solle. Der Graf hatte 
kurz vorher mir unter sehr abfälligen Aeußerungen über den 
König erklärt, daß er während der Regirung Sr. Mcjestät 
unter keinen Umständen in irgend ein Cabinet treten werde y. 
Ich sagte dies dem Könige, und meine Reise unterblieb. Später 
aber, als dieselbe Combination wieder auftauchte, hat er sich 
doch bereit erklärt, sie zu acceptiren; der König vertrug sich 
dann aber mit Manteuffel, der inzwischen „Gehorsam“ gelobt 
hatte. Statt der Sendung nach Erxleben reiste ich aus eignem 
Antriebe zu Manteuffel auf's Land und redete ihm zu, sich 
von Quehl zu trennen und stillschweigend ohne Explication 
mit Sr. Majestät seine amtliche Function wieder aufzunehmen. 
Er erwiderte in dem Sinne seines Briefs vom 11. Juli 1851, 
daß er den fleißigen, ihm mit Hingebung dienenden Mann 
nicht fallen lassen könne. Da ich heraus zu hören glaubte, daß 
Manteuffel wohl noch andre Gründe habe, Quehl zu schonen, 
so sagte ich: „Vertrauen Sie mir die Vollmacht an, Sie von 
Quehl zu erlösen, ohne daß es zu einem Bruche zwischen Ihnen 
beiden kommt; wenn mir das gelingt, so bringen Sie dem Könige 
die Nachricht von Quehl's Abgange und führen die Geschäfte 
fort, als wenn kein Dissensus zwischen Sr. Majestät und Ihnen 
vorgekommen wäre.“ Er ging auf diesen Gedanken ein, und 
1) S. o. S. 124 f.
	        
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