158 Siebentes Kapitel: Unterwegs zwischen Frankfurt und Berlin.
Pourtales, den er auch gelegentlich als Schreckbild für Man-
teuffel benutzte ): „Der wäre ein Minister für mich, wenn er
nicht 30000 Reichsthaler Einkommen zu viel hätte; darin steckt
die Quelle des Ungehorsams.“ Wenn ich sein Minister ge-
worden wäre, so würde ich mehr als Andre dieser Auffassung
ausgesetzt gewesen sein, weil er mich als seinen Zögling be-
trachtete und in meinem Royalismus als wesentlichstes Element
den unbedingten „Gehorsam“ sah. Jede selbständige Meinung
von mir würde ihn befremdet haben, war ihm doch schon mein
Sträuben gegen definitive Uebernahme des Wiener Postens
als eine Art von Felonie erschienen ). Eine lange nachwirkende
Erfahrung der Art hatte ich zwei Jahre später zu machen.
3.
Meine Berufungen nach Berlin wurden nicht immer durch
die äußere Politik veranlaßt, mitunter auch durch Vorgänge
im Landtage, in den ich bei der durch meine Ernennung zum
Gesandten nothwendig gewordnen Neuwahl am 13. October 1851
wiedergewählt worden war.
Als es sich um die Verwandlung der Ersten Kammer in
das Herrnhaus handelte, erhielt ich folgende, vom 20. April 1852
datirte Mittheilung Manteuffel'sd:
„Bunsen hetzt den König immer mehr in die Pairie hinein.
Er behauptet, die größten Staatsmänner in England glaubten,
daß in wenigen Jahren der Continent in zwei Theile zerfallen
würde: a) protestantische Staaten mit constitutionellem System,
getragen von den Säulen der Pairie, b) katholisch-jesuitisch-
demokratisch-absolutistische Staaten. In die letzte Kategorie
stellt er Oestreich, Frankreich und Rußland. Ich halte das
für ganz falsch. Solche Kategorien giebt es gar nicht. Jeder
1) S. o. S. 125
2) S. o. S. 101.
*) VglI. Anhang zu den Gedanken und Erinnerungen II 56 ff.