210 Achtes Kapitel: Besuch in Paris.
durchsichtiger wird, daß ich die empfohlne Richtung nicht als
conspirirend gegen Andre, sondern nur als vorsorglich für unfre
Nothwehr auffasse.
Sie sagen, „Frankreich wird auch nicht mehr für uns thun
als Oestreich und die Mittelstaaten“; ich glaube, daß niemand
etwas für uns thut, der nicht zugleich sein Interesse dabei
findet; die Richtung aber, in welcher Oestreich und die Mittel-
staaten gegenwärtig ihre Interessen verfolgen, ist mit den Auf-
gaben, welche für Preußen Lebensfragen sind, ganz incompa-
tibel und eine Gemeinschaftlichkeit der Politik garnicht möglich,
bevor Oestreich nicht ein bescheidneres System uns gegenüber
adoptirt, wozu bisher wenig Aussicht.
Sie stimmen mit mir darin überein, daß wir „en kleinen
Staaten die Ueberlegenheit Preußens zeigen müssen“; aber
welche Mittel haben wir dazu innerhalb der Bundesacte? Eine
Stimme unter 17 und Oestreich gegen uns, damit ist nicht viel
auszurichten.
Der Besuch L. Napoleon's bei uns würde aus den ander-
weit von mir vorgetragnen Gründen unsrer Stimme bei den
kleinern Staaten an und für sich schon ein durchschlagenderes
Gewicht geben. Sie werden rücksichtsvoll und selbst anhäng-
lich für uns sein im genauen Verhältniß ihrer Furcht vor uns;
Vertraun werden sie nie zu uns haben; jeder Blick auf die
Karte benimmt es ihnen, und sie wissen, daß ihre Interessen
und Sondergelüste der Gesammtrichtung der Preußischen Politik
im Wege stehn, daß darin eine Gefahr für sie liegt, gegen
welche nur die Uneigennützigkeit unfres allergnädigsten Herrn
eine Sicherheit für die Gegenwart bietet. Der Besuch des
Franzosen bei uns würde kein Mißtraun weiter hervorrufen,
dasselbe ist im Großen und Ganzen gegen Preußen schon vor-
handen, und die Gesinnungen des Königs, welche es entkräften
könnten, werden Sr. Mojestät nicht gedankt, sondern nur be-
nutzt und ausgebeutet. Das etwa vorhandne „Vertraun wird