Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

222 Neuntes Kapitel: Reisen. Regentschaft. 
  
dringend, sich dieser Gedanken zu entschlagen; es läge außer 
aller Möglichkeit für den König Friedrich Wilhelm IV., auf 
dergleichen einzugehn; eine ablehnende Antwort sei unzweifel- 
haft, wenn ihm die Eröffnung gemacht würde. Dabei bleibe 
im letztern Falle die große Gefahr einer Indiscretion im münd- 
lichen Verkehr der Fürsten, einer Andeutung darüber, welchen 
Versuchungen der König widerstanden habe. Wenn eine andre 
deutsche Regirung in die Lage versetzt würde, über dergleichen 
Indiscretionen nach Paris zu berichten, so werde das für Preußen 
so werthvolle gute Benehmen mit Frankreich gestört werden. 
Mais ce ne serait plus une indiscrétion, ce serait une trahison 0), 
unterbrach er mich etwas beunruhigt. „Vous vous embourbe- 
riez!“) fuhr ich fort. 
Der Kaiser fand diesen Ausdruck schlagend und anschaulich 
und wiederholte ihn. Die Unterredung schloß damit, daß er 
mir für diese Offenheit seinen Dank aussprach und ich ihm 
Schweigen über seine Eröffnung zusagte. 
2. 
In demselben Jahre benutzte ich die Ferien des Bundes- 
tags zu einem Jagdausflug nach Dänemark und Schwedeng). 
In Kopenhagen hatte ich am 6. August eine Audienz bei dem 
Könige Friedrich VII. Er empfing mich in Uniform, den Helm 
auf dem Kopfe, und unterhielt mich mit übertriebenen Schilde- 
ebensowenig in dem Briefe an Gerlach vom 11. April 1857, Bismarck's 
Briefe 2c. S. 311 ff.; daß er dem letztern davon erzählt hat, geht aus 
Gerlach's Denkwürdigkeiten II 521 hervor. Vgl. auch die kurze Be- 
zugnahme im Briefe an Minister v. Schleinitz vom 9. Febr. 1860. 
1) Aber das wäre nicht mehr ein Vertrauensbruch, das wäre Ver- 
rath. " 
:) Sie würden in den Sumpf gerathen (Sie würden sich in die 
Nesseln setzen). 
:) Vgl. die Briefe vom 6., 9., 11., 16. bis 23. August in Bismarck's 
Briefen an seine Braut und Gattin, S. 378 ff.
	        
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