270 Zehntes Kapitel: Petersburg.
Während ich auf der Rückreise nach Petersburg Herrn von Be-
low in Hohendorf im November einen Besuch machte, riß sich
nach ärztlicher Meinung der Thrombus!) los, der sich in der
zerstörten Vene gebildet und festgesetzt hatte, gerieth in den
Blutumlauf und verursachte eine Lungenentzündung, die von
den Aerzten für tödtlich gehalten, aber in einem Monate langen
Siechthum überwunden wurde?). Merkwürdig sind mir heut
die Eindrücke, die damals ein sterbender Preuße über Vor-
mundschaft hatte. Mein erstes Bedürfniß nach meiner ärzt-
lichen Verurtheilung war die Niederschrift einer letztwilligen
Verfügung, durch welche jede gerichtliche Einmischung in die
eingesetzte Vormundschaft ausgeschlossen wurde. Hierüber be-
ruhigt sah ich meinem Ende mit der Bereitwilligkeit entgegen,
die unerträgliche Schmerzen gewähren. Zu Anfang des März
1860 war ich so weit, nach Berlin reisen zu können, wo ich,
meine Genesung abwartend, an den Sitzungen des Herrnhauses
Theil nahm und bis in den Mai verweilte 5).
marck aus Wiesbaden vom 12. August 1859 und Reinfeld vom 23. October
1859 an v. Keudell in Rob. v. Keudell, Fürst und Fürstin Bismarck
(Berlin 1901) S. 71 f. Brief Bismarck's an Schleinitz vom 19. Decem-
ber 1859, Bismarck's Briefwechsel mit dem Minister Freiherrn von
Schleinitz S. 51 f. — Zur Reise nach Warschau vgl. die Briefe vom 14.
bis 22. October, Bismarck's Briefe an seine Braut und Gattin, S. 451 ff.,
an die Schwester vom 14. October, an den Bruder vom 20. October,
Bismarckbriefe, 8. Aufl., S. 276. 278.
1) Blutgerinnsel.
:) Vgl. Brief der Frau v. Bismarck an v. Keudell vom 30. Jan.
1860, a. a. O. S. 74 ff.
*) Bismarck traf am 5. März 1860 in Berlin ein und verließ es
am 23. Mat.