282 Elftes Kapitel: Zwischenzustand.
meiner Natur mehr zu, daß die Herren wissen, ich bin gegen
ihre Recepte, als daß sie es, wie bisher, blos glauben. Gott
möge weiter helfen! ich kann wenig mehr thun, als ein ehr-
licher Mann bleiben und in meinen Ressorts thätig sein und
Vernünftiges wirken. — Das größte Unglück in aller dieser
misere ist indeß die Mattigkeit und Abgespanntheit unfres Königs.
Er ist mehr wie je in der Botmäßigkeit der Klönigin) und ihrer
Gehülfen. Wird er nicht körperlich wieder frischer, so ist Alles
verloren, und wir schwanken weiter in das Joch des Parlamen-
tarismus und der Republik und der Präsidentschaft Patow. Ich
sehe keine, keine Rettung, wenn uns Gott der Herr nicht
hilft. In dem Proceß der allgemeinen Zersetzung vermag ich
nur noch einen widerstandsfähigen Organismus zu erkennen,
die Armee. Sie unverfault zu erhalten: das ist die Aufgabe,
die ich noch für löslich erachte, aber freilich nur noch auf einige
Zeit. Auch sie wird verpestet werden, wenn sie nicht zu Thaten
kömmt, wenn ihr nicht von Oben gesunde Lebensluft zugeführt
wird, und das, auch das wird alle Tage schwieriger. Habe ich
darin Recht, und ich glaube es, so kann man auch nicht tadeln,
daß ich in dieser Gesellschaft weiter diene. Ich will damit
nicht sagen, daß ein Andrer mein Amt nicht mit gleicher oder
größerer Einsicht und Energie zu verwalten vermöchte, aber
auch der Fähigste wird ein Jahr zu seiner Orientierung brauchen
und — „die Todten reiten schnell“!). Wie gern ich mich zurück-
zöge, brauche ich Niemand zu versichern, der mich genauer kennt.
In meiner Natur liegt vielmehr Neigung zur Behaglichkeit,
als vor Gott Recht ist, und diese würde ich mit meiner verdienten
reichlichen Pension finden, da ich weder verwöhnt bin noch ehr-
bedürftig. Wie sehr ich zur Faulheit neige, fühle ich jetzt, nach-
dem ich, wie ein abgetriebenes Arbeitsroß, des Zaumes und
Geschirrs ledig, auf die Koppel gelassen bin. Fällt nichts Be-
1) Bürger's Lenore.