Der italienische Krieg. Politische Querwirkungen. 323
Erst die innern Kämpfe, die der Regent und spätre König
durchzumachen hatte, erst die Ueberzeugung, daß seine Minister
der neuen Aera nicht nur nicht im Stande waren, seine Unter-
thanen glücklich und zufrieden zu machen oder im Gehorsam
zu erhalten und die von ihm erstrebte und gehoffte Zufrieden-
heit in den Wahlen und Parlamenten zum Ausdruck zu bringen,
erst die Schwierigkeiten, welche den König 1862 zu dem Ent-
schlusse der Abdication brachten, übten auf das Gemüth und
das gesunde Urtheil des Königs den nöthigen Einfluß, um seine
monarchischen Auffassungen von 1859 über die Brücke der
dänischen Frage zu dem Standpunkte von 1866 überzuleiten,
vom Reden zum Handeln, von der Phrase zur That.
Die Leitung der auswärtigen Politik in den an sich schwie-
rigen europäischen Situationen wurde für einen Minister, der
kühle und praktische Politik ohne dynastische Sentimentalität
und ohne höfischen Byzantinismus treiben wollte, durch mächtige
Querwirxkungen sehr erschwert, welche am stärksten und wirk-
samsten von der Königin Augusta und deren Minister Schleinitz
geübt wurden, sowie von andern fürstlichen Einflüssen und
Familien-Correspondenzen neben den Insinuationen feindlicher
Elemente am Hofe, nicht minder von den jesuitischen Organen
(Nesselrode ½, Stillfried 2c.), von Intriganten und befähigten
Rivalen, wie Goltz und Harry Arnim, und unbefähigten, wie
frühern Ministern und Parlamentariern, die es werden wollten.
Es gehörte die ganze ehrliche und vornehme Treue des Königs
für seinen ersten Diener dazu, daß er in seinem Vertraun zu
mir nicht wankend wurde.
In den ersten Tagen des Octobers?) fuhr ich dem Könige,
der sich am 30. September, dem Geburtstage seiner Gemalin,
nach Baden-Baden begeben hatte, bis Jüterbogk entgegen und
erwartete ihn in dem noch unfertigen, von Reisenden dritter
) Oberhofmeister der Königin und Kaiserin Augusta.
*?) Am 4. October 1862.