Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

364 Sechzehntes Kapitel: Danziger Episode. 
  
erregten im In= und Auslande ein begreifliches Aufsehn. Aus 
Graudenz übersandte er mir einen förmlichen Protest gegen die 
Preßverordnung und verlangte Mittheilung desselben an das 
Staatsministerium 1), die jedoch auf Befehl des Königs unterblieb. 
Am 7. ging ihm eine ernste Antwort Sr. Mcjestät ) auf die Be- 
schwerdeschrift vom 4. zu. Er bat darauf den Vater um Verzeihung 
wegen eines Schrittes, den er um seiner und seiner Kinder Zu- 
kunft willen geglaubt hätte nicht unterlassen zu können, und stellte 
die Entbindung von allen seinen Aemtern anheims). Am 11. er- 
hielt er die Antwort, die ihm die erbetne Verzeihung gewährte, 
seine Beschwerden über den Minister und sein Entlassungsgesuch 
überging und ihm für die Zukunft Schweigen zur Pflicht machte. 
1) Philippson, Kaiser Friedrich S. 112: „Ich halte die Verordnung 
für ungesetzlich und gefährlich für mein Haus und die Zukunft des 
Staates. Ich sage mich los von jeder Theilnahme an solchen Maßregeln 
und trage Ihnen auf, diese meine Verwahrung zur Kenntniß des 
Staatsministeriums zu bringen.“ 
!) Philippson S. 114 gibt den Inhalt an: Zunächst suchte er dessen 
Beweisführung wegen der Ungesetzlichkeit der Preßordonnanzen zu 
widerlegen. Dann aber verwies er ihm die Danziger Rede: sei sie von 
der Presse falsch wiedergegeben, so solle er diese öffentlich rectificiren; 
sei sie richtig abgedruckt, so solle er sie zurücknehmen. „Ich verpflichte 
Dich, keine einzige derartige Aeußerung mehr zu thun. Sollte dies doch 
geschehen, so erfolgt Abberufung nach Berlin, wo dann bestimmt wird, 
ob Du Deine Commandostelle noch behalten kannst.“ 
:) Philippson S. 115: er bitte um Vergebung, wenn er gefehlt habe. 
„Aber meine Worte waren nicht unüberlegte. Ich war schon längst 
meinem Gewissen und meiner Stellung schuldig, mich zu der Meinung 
zu bekennen, deren Wahrheit ich täglich deutlicher fühle. Nur die Hoff- 
nung, vielleicht doch den Widerspruch gegen Dich vermeiden zu können, 
beschwichtigte meine innere Stimme. Nun aber hat das Ministerium, 
mich völlig ignorirend, Beschlüsse gesaßt, die meine und meiner Kinder 
Zukunft gefährden. Ich werde mit demselben Muthe für meine Ueber- 
zeugung einstehen wie Du für die Deinige. Ich kann deshalb nichts 
zurücknehmen, werde aber schweigen. Uebrigens lege ich Dir hiermit 
meine Stellungen in der Armee und im Staatsministerium zu Füßen, 
wenn Du es befiehlst, und bitte um Bestimmung eines Aufenthaltes 
oder die Erlaubniß, einen Ort zu wählen, wo ich der Politik ganz fern 
bleiben kann.“
	        
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