Unterredung Bismarck's mit dem Kronprinzen. 371
Hoheit, mit dem das geschah, Jahre hindurch nicht vergessen
können und sehe noch heut den zurückgeworfnen Kopf, das ge-
röthete Gesicht und den Blick über die linke Schulter vor mir.
Ich unterdrückte meine eigne Aufwallung, dachte an Carlos und
Alba (Act 2, Auftritt 5) und antwortete, ich hätte in einer An-
wandlung dynastischen Gefühls gesprochen, um ihn mit seinem
Vater wieder in nähere Beziehung zu bringen, im Interesse
des Landes und der Dynastie, das durch die Entfremdung ge-
schädigt wäre; ich hätte im Juni gethan, was ich gekonnt,
um seinen Herrn Vater von Entschließungen ab irato ) abzu-
halten, weil ich im Interesse des Landes und im Kampfe gegen
die Parlamentsherrschaft die Uebereinstimmung in der könig-
lichen Familie zu erhalten wünschte. Ich sei ein treuer Diener
seines Herrn Vaters und wünschte ihm, daß er, wenn er den
Thron bestiege, anstatt meiner ebenso treue Diener finde, wie
ich für seinen Vater gewesen. Ich hoffte, er würde sich des
Gedankens, als ob ich danach strebte, einmal sein Minister zu
werden, entschlagen; ich werde es niemals sein. Ebenso rasch
wie erregt, ebenso rasch wurde er weich und schloß das Gespräch
mit freundlichen Worten.
Das Verlangen, an den Sitzungen des Staatsministeriums
nicht weiter Theil zu nehmen, hielt er fest und richtete noch im
Laufe des September eine vielleicht nicht ohne fremde Einwirkung
entstandne Denkschrift an den König, worin er seine Gründe in
einer Weise entwickelte, die zugleich als eine Art von Recht-
fertigung seines Verhaltens im Juni erschien. Es entstand
darüber zwischen Sr. Majestät und mir eine private Correspon-
denz, die mit folgendem Billet abschloß?:
„Babelsberg, 7. 11. 1863.
Anliegend sende ich Ihnen meine Antwort an meinen Sohn
den Kronprinzen auf sein Mêémoir vom September. Zur besseren
1) S. o. S. 365 Anm. 2.
2) Nach dem Original berichtigt.