Bismarck und Rechberg. Dualistische Bestrebungen. 381
wenn erfolgreich, damals zu einer gesammtdeutschen Union auf
der Basis des Dualismus haben führen können, zu dem Siebzig-
millionenreich in Centraleuropa mit zweiköpfiger Spitze, während
die Schwarzenbergische Politik auf etwas Aehnliches ausge-
gangen war, aber mit einheitlicher Spitze Oestreichs und Hinab-
drückung Preußens nach Möglichkeit auf den mittelstaatlichen
Stand. Der letzte Anlauf dazu war der Fürstencongreß von
1863. Wenn die Schwarzenbergische Politik in der posthumen
Gestalt des Fürstencongresses schließlich Erfolg gehabt hätte, so
würde zunächst die Verwendung des Bundestags zur Repression
auf dem Gebiete der innern Politik Deutschlands voraussichtlich
in den Vordergrund getreten sein, nach Maßgabe der Verfassungs-
revisionen, die der Bund schon in Hanover, Hessen, Luxemburg,
Lippe, Hamburg u. a. in Angriff genommen hatte. Auch die
Preußische Verfassung konnte analog herangezogen werden, wenn
der König nicht zu vornehm dazu gedacht hätte.
Unter einer dualistischen Spitze mit Gleichberechtigung
Preußens und Oestreichs, wie sie als Consequenz meiner An-
näherung an Rechberg erstrebt werden konnte, würde unfre
innre verfassungsmäßige Entwicklung von der Versumpfung in
bundestägiger Reaction und von der einseitigen Förderung abso-
lutistischer Zwecke in den einzelnen Staaten nicht nothwendig
bedroht worden sein; die Eifersucht der beiden Großstaaten wäre
der Schutz der Verfassungen gewesen. Preußen, Oestreich und
die Mittelstaaten würden bei dualistischer Spitze auf Wettbewerb
um die öffentliche Meinung in der Gesammtnation wie in den
einzelnen Staaten angewiesen geblieben sein, und die daraus
entspringenden Frictionen würden unser öffentliches Leben
vor ähnlichen Erstarrungen bewahrt haben, wie sie auf die
Zeiten der Mainzer Untersuchungscommission folgten. Die Zeit
der liberalen östreichischen Preßthätigkeit im Wetteifer mit
Preußen, wenn auch nur auf dem Gebiete der Phrase, ließ
schon zu Anfang der fünfziger Jahre erkennen, daß der un-