396 Siebzehntes Kapitel: Der Frankfurter Fürstentag.
Die mise en demeure ½) durch den Kaiser hatte die Folge,
daß der König zögernd und in einer gewissen Verlegenheit sagte:
er habe ja gar kein Recht auf die Herzogthümer und könne des-
halb keinen Anspruch darauf machen. Durch diese Aeußerung,
aus welcher ich die Einwirkung der königlichen Verwandten und
der hofliberalen Einflüsse heraushörte, war ich natürlich dem
Kaiser gegenüber außer Gefecht gesetzt. Ich trat demnächst noch
für das Festhalten der Einigkeit beider deutschen Großmächte
ein, und es wurde eine dieser Richtung entsprechende kurze
Redaction, in der die Zukunft Schleswig-Holsteins unentschieden
blieb, von Rechberg und mir entworfen und von den beiden
hohen Herrn genehmigt.
4.
Der Dualismus würde, wie ich ihn mir dachte, dem jetzt
bestehenden Verhältniß ähnlich gewesen sein, jedoch mit dem
Unterschiede, daß Oestreich auf die Staaten, die jetzt mit Preußen
das Deutsche Reich bilden, bundesmäßigen Einfluß behalten
haben würde. Rechberg war für Verstärkung des Gewichts
von Mitteleuropa durch eine solche Verständigung der beiden
Mächte gewonnen. Diese Gestaltung würde, im Vergleich zur
Vergangenheit und wie die Dinge damals lagen, immerhin ein
Forschritt zum Bessern gewesen sein, aber Dauer nur versprochen
haben, so lange das Vertraun zu den beiderseits leitenden
Personen ungestört blieb. Graf Rechberg sagte mir bei meiner
Abreise von Wien (26. August 1864), daß seine Stellung ange-
fochten sei; durch die Erörterungen des Ministeriums und die Hal-
tung des Kaisers zu demselben sei er in die Lage gerathen, fürchten
zu müssen, daß seine Collegen, namentlich Schmerling, ihn über
Bord schieben würden, wenn er nicht für die Zollvereinsbe-
strebungen Oestreichs, die den Kaiser vorzugsweise beschäftigten,
wenigstens die Zusicherung beibringen könne, daß wir auf Ver-
1) Der in der Frage des Kaisers liegende Zwang zur Antwort.