Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Erster Band. (1)

414 Achtzehntes Kapitel: König Ludwig II. von Baiern. 
  
tische Aufgabe meiner außerpreußischen Collegen im Bundes- 
rath, mich im Kampfe gegen die Einführung solcher Reichs- 
ministerien offen zu unterstützen und dadurch klar zu stellen, 
daß ich bisher nicht für die ministerielle Alleinherrschaft des 
Kanzlers, sondern für die Rechte der Bundesgenossen und für 
die ministeriellen Befugnisse des Bundesraths eingetreten bin. 
Ich darf annehmen, Eurer Majestät Intentionen entsprochen 
zu haben, wenn ich mich in diesem Sinne schon Pfretzschner 
gegenüber ausgesprochen habe, und ich bin überzeugt, daß Eurer 
Majestät Vertreter im Bundesrath selbst und in Verbindung 
mit andern Collegen mir einen Theil des Kampfes gegen das 
Drängen des Reichstages nach verantwortlichen Reichsmini- 
sterien durch ihren Beistand abnehmen werden. 
Wenn, wie ich höre, Eurer Moajestät Wahl auf Herrn von 
Rudhart gefallen ist, so kann ich nach Allem, was ich durch 
Hohenlohe über ihn weiß, dafür ehrfurchtsvoll dankbar sein 
und voraussehn, daß ich nicht nur die innern, sondern auch die 
auswärtigen Geschäfte des Reichs ihm gegenüber mit der ver- 
trauensvollen Offenheit werde besprechen können, die mir dem 
Vertreter Eurer Mcjestät gegenüber ein geschäftliches und ein 
persönliches Bedürfniß ist. Für den Augenblick ist unfre Stel- 
lung zum Auslande noch dieselbe, wie während des ganzen 
Winters, und die Hoffnung, daß uns der Krieg nicht berühren 
werde, ungeschwächt. Das Vertraun Rußlands auf die Zu- 
verlässigkeit unfrer nachbarlichen Politik hat ersichtlich zuge- 
nommen, und damit auch die Aussicht, solche Entwicklungen zu 
verhüten, gegen welche Oestreich einzuschreiten durch seine Inter- 
essen genöthigt werden könnte. Die guten Beziehungen der 
beiden Kaiserreiche zu einander zu erhalten, bleiben wir mit 
Erfolg bestrebt. Unsre Freundschaft mit England hat bisher 
darunter nicht gelitten, und auch die am dortigen Hof durch 
politische Intriganten angebrachten Gerüchte, als könne Deutsch- 
land Absichten auf die Erwerbung von Holland haben, konnten
	        
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