Erster Verein. Landtag. Rede v. 17. Mai 1847. Friedr. Wilhelm IV. 21
Ich gerieth mit der Opposition in Conflict, als ich das erste
Mal zu längrer Ausführung das Wort nahm, am 17. Mai 1847,
indem ich die Legende bekämpfte, daß die Preußen 1813 in
den Krieg gegangen wären, um eine Verfassung zu erlangen,
und meiner naturwüchsigen Entrüstung darüber Ausdruck gab,
daß die Fremdherrschaft an sich kein genügender Grund zum
Kampfe gewesen sein solle 1). Mir schien es unwürdig, daß
die Nation dafür, daß sie sich selbst befreit habe, dem Könige
eine in Verfassungsparagraphen zahlbare Rechnung überreichen
wolle. Meine Ausführung rief einen Sturm hervor. Ich
blieb auf der Tribüne, blätterte in einer dort liegenden Zeitung
und brachte, nachdem der Lärm sich ausgetobt hatte, meine
Rede zu Ende.
Bei den Hoffestlichkeiten, die während des Vereinigten Land-
tags stattfanden, wurde ich von dem Könige und der Prinzessin
von Preußen in augenfälliger Weise gemieden, jedoch aus ver-
schiednen Gründen, von der letztern, weil ich weder liberal
noch populär war, von dem erstern aus einem Grunde, der
mir erst später klar wurde. Wenn er bei Empfang der Mit-
glieder vermied, mit mir zu sprechen, wenn er im Cercle,
nachdem er der Reihe nach jeden angeredet hatte, abbrach, so-
bald er an mich kam, umkehrte oder quer durch den Saal ab-
1) Die politischen Reden des Fürsten Bismarck (Stuttgart und Berlin,
J. G. Cotta'sche Buchhandlung Nachfolger) Bd. 1 9 (vgl. Bd. XIV 3), vgl.
auch Brief an Frl. v. Puttkamer vom 18. Mai 1847: „Ich . erregte
gestern einen unerhörten Sturm des Mißfallens, indem ich durch eine
nicht deutlich genug gefaßte Aeußerung über die Natur der Volks-
bewegung von 1813 die mißverstandne Eitelkeit vieler von der eignen
Partei verletzte und natürlich das ganze Halloh der Opposition gegen
mich hatte. Die Erbitterung war groß, vielleicht grade, weil ich die
Wahrheit sagte, indem ich auf 1813 den Satz anwandte, daß Jemand
(das preußische Volk), der von einem andern (den Franzosen) so lange
geprügelt wird, bis er sich wehrt, sich daraus kein Verdienst gegen einen
Dritten (unsern König) machen kann.“ Weiter ist zu vgl. v. Keudell,
Fürst und Fürstin Bismarck (Berlin 1901) S. ff.