40 Zweites Kapitel: Das Jahr 1848.
das eigne Interesse zur Geltung zu bringen und die Vertretung
der Landbewohner zu schwächen. Ein sehr wirksamer Hebel zu
letzterem Zweck liegt in den Bestrebungen, der ländlichen Be-
völkerung diejenigen ihrer Mitglieder zu verdächtigen, deren
Bildung und Intelligenz sie befähigen könnte, die Interessen
des Grund und Bodens auf der Nationalversammlung mit
Erfolg zu vertreten; man bemüht sich daher, eine Mißstimmung
gegen die Rittergutsbesitzer künstlich zu befördern, indem man
meint, wenn man diese Klasse unschädlich macht, so müssen die
Landbewohner entweder Advokaten oder andre Städter wählen,
die nach den ländlichen Interessen nicht viel fragen, oder es
kommen meist schlichte Landleute, und die denkt man durch die
Beredsamkeit und kluge Politik der Parteiführer in der National-
versammlung schon unvermerkt zu leiten. Man sucht daher
die bisherige Ritterschaft als solche Leute zu bezeichnen, die
den alten Zustand erhalten und zurückführen wollen, während
die Rittergutsbesitzer wie jeder andre vernünftige Mensch sich
selbst sagen, daß es unsinnig und unmöglich wäre, den Strom
der Zeit aufhalten oder zurückdämmen zu wollen; ssogar der
ultraconservative Herr von Thadden vergleicht einen solchen,
der für die Vergangenheit kämpft, mit dem irrenden Ritter,
der gegen Windmühlen sicht und dem die Mühlenflügel die
Knochen zerschlagen) ). Man sucht ferner auf den Dörfern die
Vorstellung zu wecken und zu bestärken, daß jetzt die Zeit ge-
kommen sei, sich von allen den Zahlungen, die nach den Sepa-
rationsrecessen an Rittergüter zu leisten sind, ohne Entschädi-
gung loszumachen; aber man verschweigt dabei, daß eine Re-
girung, die Recht und Ordnung will, nicht damit anfangen
kann, eine Klasse von Staatsbürgern zu plündern, um eine
andre zu beschenken, daß alle Rechte, die auf Gesetz, Erkenntniß
oder Vertrag beruhn, alle Forderungen, die Einer an den
1) Dieser in der Redaction von 1898 fehlende Satz ist dem Manu-
stript des Artikels entnommen.