Die Candidatur eine spanische Angelegenheit. 91
ich der ganzen Frage ziemlich gleichgültig gegenüber. Mehr
als ich war Fürst Anton geneigt, sie friedlich 1 zu dem erstrebten
Ziele zu führen. Die Memoiren Seiner Majestät des Königs
von Rumänien sind über Einzelheiten der ministeriellen Mit-
wirkung in der Frage nicht genau unterrichtet. Das dort er-
wähnte Minister-Conseil im Schlosse hat nicht stattgefunden.
Fürst Anton wohnte als Gast des Königs im Schlosse und
hatte dort diesen Herrn und einige der Minister zum Diner
eingeladen; ich glaube kaum, daß im Tischgespräch die spanische
Frage verhandelt wurde ?). Wenn der Herzog von Gramont ½)
sich bemüht, den Beweis zu führen, daß ich der spanischen An-
regung gegenüber mich nicht ablehnend verhalten hätte, so finde
ich keinen Grund, dem zu widersprechen. Des Wortlauts meines
Briefs an den Marschall Prim, von dem der Herzog hat er-
zählen hören, erinnre ich mich nicht mehr; wenn ich selbst ihn
redigirt habe, was ich auch nicht mehr weiß, so werde ich die
Hohenzollern'sche Candidatur schwerlich „une excellente chose“
genannt haben, der Ausdruck ist mir nicht mundrecht. Daß ich
sie für „opportune“ hielt, nicht .à un moment donné"“ ,), sondern
prinzipiell und im Frieden, ist richtig. Ich hatte dabei nicht
den mindesten Zweifel daran, daß der am französischen Hofe
gern gesehne Enkel der Murats") dem Lande Frankreichs
Wohlwollen sichern werde.
X) Gramont, La France et la Prusse avant la guerre. Paris,
E. Dentu, 1872. pag. 21.
1) D. h. ohne kriegerische Verwicklung.
:) Die Unterredung fand am 15. März 1870 nach Tische statt in
Anwesenheit des Königs, des Kronprinzen, des Fürsten Karl Anton und
seines Sohnes Leopold, Bismarck's, Roon's, Moltke's, Schleinitz', Thile's
und Delbrück's; ogl. Aus dem Leben König Carl's von Rumänien (1894)
Bd. II 70, 72; von einem Minister-Conseil ist dort nicht die Rede,
nur von einer Berathung im Schlosse unter Vorsitz des Königs und einem
einstimmigen Beschluß der Berather.
„) Eine ausgezeichnete Sache — günstig — im gegebenen Augenblicke.
!) Der Vater des Prinzen Leopold, Fürst Karl Anton, war der