Redaction der Depesche. Ursache ihrer Wirkung. 103
nach Paris telegraphire, daß Seine Majestät der König sich
für alle Zukunft verpflichte, niemals wieder seine Zustimmung
zu geben, wenn die Hohenzollern auf ihre Candidatur wieder
zurückkommen sollten. Seine Mcjestät der König hat es darauf
abgelehnt, den französischen Botschafter nochmals zu empfangen,
und demselben durch den Adjutanten vom Dienst sagen lassen,
daß Seine Moajestät dem Botschafter nichts weiter mitzutheilen
habe.“
Der Unterschied in der Wirkung des gekürzten Textes der
Emser Depesche im Vergleich mit der, welche das Original
hervorgerufen hätte, war kein Ergebniß stärkrer Worte, sondern
der Form, welche diese Kundgebung als eine abschließende er-
scheinen ließ, während die Redaction Abeken's nur als ein Bruch-
stück einer schwebenden und in Berlin fortzusetzenden Verhand-
lung erschienen sein würde.
Nachdem ich meinen beiden Gästen die concentrirte Re-
daction vorgelesen hatte, bemerkte Moltke: „So hat das einen
andern Klang, vorher klang es wie Chamade y), jetzt wie eine
Fanfare in Antwort auf eine Herausforderung.“ Ich erläuterte:
„Wenn ich diesen Text, welcher keine Aenderungen und keinen
Zusatz des Telegramms enthält, in Ausführung des Aller-
höchsten Auftrags sofort nicht nur an die Zeitungen, sondern
auch telegraphisch an alle unfre Gesandschaften mittheile, so wird
er vor Mitternacht in Paris bekannt sein und dort nicht nur
wegen des Inhalts, sondern auch wegen der Art der Ver-
breitung den Eindruck des rothen Tuches auf den gallischen
Stier machen. Schlagen müssen wir, wenn wir nicht die Rolle
des Geschlagnen ohne Kampf auf uns nehmen wollen. Der
Erfolg hängt aber doch wesentlich von den Eindrücken bei uns
und Andern ab, die der Ursprung des Kriegs hervorruft; es ist
wichtig, daß wir die Angegriffnen seien, und die gallische Ueber-
1) Signal zum Rückzug, s. Bd. I 133.