Militärs verstimmt gegen Bismarck. Heeresleitung u. Diplomatie. 109
der Ministerpräsident allein nach dem Abzeichen der Uniform
classificirt wurde, die er im Felde trug, als Stabsoffizier eines
Cavallerie-Regiments; und es blieb 1870 mir gegenüber bei
dem militärischen Boycott, wie man heut sagen würde.
Wenn man die Theorie, welche der Generalstab mir gegen-
über zur Anwendung brachte und die auch kriegswissenschaft-
lich gelehrt werden soll, so ausdrücken kann: der Minister der
Auswärtigen Angelegenheiten kommt erst wieder zum Wort,
wenn die Heeresleitung die Zeit gekommen findet, den Janus-
tempel zu schließen, so liegt schon in dem doppelten Gesicht des
Janus die Mahnung, daß die Regirung eines kriegführenden
Staats auch nach andern Richtungen zu sehn hat als nach dem
Kriegsschauplatze. Aufgabe der Heeresleitung ist die Vernich-
tung der feindlichen Streitkräfte; Zweck des Kriegs die Er-
kämpfung des Friedens unter Bedingungen, die der von dem
Staate verfolgten Politik entsprechen. Die Feststellung und
Begrenzung der Ziele, die durch den Krieg erreicht werden
sollen, die Berathung des Monarchen in Betreff derselben ist
und bleibt während des Kriegs wie vor demselben eine politische
Aufgabe, und die Art ihrer Lösung kann nicht ohne Einfluß
auf die Art der Kriegführung sein. Die Wege und Mittel
der letztern werden immer davon abhängig sein, ob man das
schließlich gewonnene Resultat oder mehr oder weniger hat er-
reichen wollen, ob man Landabtretungen fordern oder auf
solche verzichten, ob man Pfandbesitz und auf wie lange ge-
winnen will.
Noch schwerer wirkt in gleicher Richtung die Frage, ob
und aus welchen Motiven andre Mächte geneigt sein könnten,
dem Gegner zunächst diplomatisch, eventuell militärisch beizu-
stehn, welche Aussicht die Vertreter einer solchen Einmischung
haben, an fremden Höfen ihren Zweck zu erreichen, wie die
Parteien sich gruppiren würden, wenn es zu Conferenzen oder
zu einem Congresse käme, ob Gefahr vorhanden, daß aus der