Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Zweiter Band. (2)

Wechselbeziehung zwischen Heeresleitung und Diplomatie. 111 
  
tung, die Art, den Umfang der Kriegführung hätte fordern, daß 
zwischen Diplomatie und Strategie eine Wechselwirkung in Be- 
rathung des Monarchen hätte bestehn müssen? 
Wenn ich mich auch in Versailles beschied, in militärischen 
Dingen zu einem Votum nicht berufen zu sein, so lag mir doch 
als dem leitenden Minister die Verantwortlichkeit für die rich- 
tige politische Ausnutzung der militärischen wie der auswärtigen 
Situation ob, und ich war verfassungsmäßig der verantwortliche 
Rathgeber des Königs in der Frage, ob die militärische Situa- 
tion irgend welche politische Schritte oder die Ablehnung irgend 
welcher Zumuthung andrer Mächte rathsam machte. Ich habe 
damals die Nachrichten über die militärische Lage, deren ich 
für die Beurtheilung der politischen bedurfte, so weit als mög- 
lich mir dadurch zu verschaffen gesucht, daß ich mich mit einigen 
der unbeschäftigten hohen Herrn, welche die „zweite Staffel“ des 
Hauptquartiers bildeten und im Hotel des Réservoirs zusammen- 
kamen, in vertraulichen Beziehungen hielt, denn diese fürstlichen 
Herrn erfuhren über die militärischen Vorgänge und Absichten 
erheblich mehr als der verantwortliche Minister des Auswär- 
tigen und machten mir manche für mich sehr werthvolle Mit- 
theilung, von der sie annahmen, daß sie für mich natürlich kein 
Geheimniß sei. Auch der englische Correspondent im Haupt- 
qdartier, Russell, war in der Regel über die Absichten und Vor- 
gänge in demselben besser wie ich unterrichtet und eine nützliche 
Quelle für meine Informationen. 
2. 
Im Kriegsrathe war Roon der einzige Vertreter meiner 
Ansicht, daß wir mit Abschluß des Kriegs Eile hätten, wenn 
wir die Einmischung der Neutralen und ihres Congresses sicher 
hintanhalten wollten; er befürwortete die Nothwendigkeit, ag- 
gressiv mit schwerem Geschütz gegen Paris vorzugehn, gegen— 
über dem in den Kreisen hoher Frauen für humaner geltenden
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.