116 Dreiundzwanzigstes Kapitel: Versailles.
levées en masse 7), wie sie in der Schlacht an der Lisaine 2) zur
Geltung kamen, oder von der endlichen „Auffindung Europas“
oder von dem Glanznebel erwartet werden, der die englischen
resp. westmächtlichen Schlagworte: „Humanität, Civilisation“
in deutschen, namentlich weiblichen Gemüthern an großen Höfen
umgab — so lange bot sich an den auswärtigen Höfen, die
über die Situation in Frankreich doch mehr durch französische
als durch deutsche Berichte orientirt waren, die Möglichkeit, den
Franzosen in ihrem Friedensschlusse beiständig zu sein. Für
mich spitzte sich daher meine Aufgabe dahin zu, mit Frankreich
ubzuschließen", bevor eine Verständigung der neutralen Mächte
über ihre Einflußnahme auf den Frieden zu Stande gekommen
wäre, grade so, wie es 1866 unser Bedürfniß war, mit Oestreich
abzuschließen, bevor französische Einmischung in Süddeutschland
wirksam werden konnte.
Es ließ sich nicht mit Bestimmtheit sagen, zu welchen Ent-
schließungen man in Wien und Florenz gelangt sein würde,
wenn bei Wörth, Spichern, Mars la Tour der Erfolg auf
Seite der Franzosen oder für uns weniger eclatant gewesen
wäre. Ich habe zur Zeit der genannten Schlachten Besuche
von republikanischen Italienern gehabt, die überzeugt waren,
daß der König Victor Emanuel mit der Absicht umginge, dem
Kaiser Napoleon beizustehn, und diese Tendenz zu bekämpfen
geneigt waren, weil sie von der Ausführung der dem Könige
zugeschriebenen Absichten eine Verstärkung der ihrem National-
gefühl empfindlichen Abhängigkeit Italiens von Frankreich be-
fürchteten. Schon in den Jahren 1868 und 1869 waren mir
ähnliche antifranzösische Anregungen von italienischer und nicht
blos republikanischer Seite vorgekommen, in denen die Unzu-
friedenheit mit der französischen Suprematie über Italien scharf
1) Massenaushebungen.
:) 15.—17. Januar 1871. »
2) Wörth und Spichern 6. August, Mars la Tour 16. August 1870.