Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Zweiter Band. (2)

Stellung des Ktronprinzen zur Frage des Kaisertitels. 135 
  
Germanien oder Könige der Deutschen führte zu meiner Ueber- 
raschung auf die weitre Consequenz, daß die genannten Dyna- 
stien aufhören müßten, den Königstitel zu führen, um wieder 
den herzoglichen anzunehmen. Ich sprach die Ueberzeugung 
aus, daß sie sich dazu gutwillig nicht verstehn würden!). 
1) Im Entwurf schließen sich daran folgende nachträglich gestrichene 
Sätze an: „Der Kronprinz gab das zu, wollte sich aber daran nicht 
kehren, sondern eintretenden Falls Zwang geübt wissen. Besprechungen 
dieses Theemas fanden zwischen uns zweimal statt, einmal zu Pferde 
vor, und einmal im Zimmer nach Sedan; zu beiden Zeiten war unser 
Sieg noch nicht unter Dach, und ich knüpfte deshalb meine Gegen- 
äußrungen an das nächstliegende und dem Prinzen eingänglichste mili- 
tärische Element, indem ich darauf hinwies, daß die Widerstandskraft 
Frankreichs nicht in dem Maße gebrochen sei, daß ein unfrer Erfolge 
würdiger Friede sicher stehe; wenn wir jetzt die Situation herbeiführten, 
in Hoffnung auf welche Napoleon den Krieg begonnen habe, nämlich 
den Bruch zwischen Preußen und den deutschen Bundesgenossen, so 
würde die Aussicht auf einen befriedigenden Abschluß des Kriegs 
wesentlich geringer; die verbündeten Fürsten würden der Zumuthung 
gegenüber, welche ihm vorschwebte, möglicher Weise ihre Truppen zu- 
rückrufen und bei denselben Gehorsam finden.“ 
Sachlich ist dazu zu bemerken: Nach dem sonst vorliegenden Quellen- 
material — namentlich dem Immediatberichte des Fürsten Bismarck vom 
23. Sept. 1888, dem Briefe des Fürsten an Ottokar Lorenz vom 7. Nov. 1896 
(ogl. Ottokar Lorenz, Kaiser Wilhelm und die Begründung des Reichs. 
Jena, Gustav Fischer, 1902. S. 617), sowie den Tagebüchern des Kron- 
prinzen, des Cabinetsraths Abeken und den Aufzeichnungen von M. Busch — 
fanden zwischen dem Kronprinzen und dem Grafen Bismarck zwei ein- 
gehende Besprechungen statt über die Neugestaltung Deutschlands, die 
Behandlung der süddeutschen Bundesgenossen, sowie auch über den Titel 
des neu zu wählenden Oberhauptes, ob „Kaiser“ oder „König“, nämlich 
am 3. Sept. 1870 zu Donchery im QOuartier des Kronprinzen und 
vorher auf einem mehrstündigen Ritt, „wahrscheinlich bei Beaumont 
oder bei Sedan“. Dieser mehrstündige Ritt beider Herrn hat aber 
weder bei Beaumont noch vorher stattgefunden, sondern am Nachmittag 
des 2. September, als sie im Gefolge des Königs die Schlachtfelder 
von Sedan beritten. Im Texte müßte es demnach heißen: Bespre- 
chungen dieses Themas fanden zwischen uns zweimal statt, einmal zu 
Pferde und einmal im Zimmer, nach Sedan. Die zweite erwähnt 
übrigens Bismarck im Briefe an die Gattin vom 6. Sept. 1870: „Mit
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.