Zersetzung der conservativen Partei. 169
zunächst die des Ministers des Innern sein sollte. Aber besitzt
Graf Elulenburg) das zu der Lösung derselben unentbehrliche
Vertrauen 1? Wo sollen Sie andre Collegen hernehmen, nament-
lich einen andern Minister des Innern? Aus der Reihe der
Nationalliberalen? Der Gedanke ist mir unerträglich. Aus den
Conservativen? Wen aber? Die organisatorisch schöpferischen
Geister unter ihnen sind unbekannte Größen, und so sehr ich
unfrem bureaukratischen Unwesen abhold bin, das sehe ich ein,
der Betreffende müßte es kennen, um es reformiren zu können.“
Einige Tage später, am 25. Februar, schrieb Roon an
seinen ältesten Sohn?):
„. Ueber Politik und Conflict möchte ich am liebsten gar
nichts schreiben, nachdem ich auf Grund des am 9. mir ge-
sandten vertraulichen Berichtes am 19. an Graf Bismarck ge-
schrieben, um ihm mein Bedauern auszusprechen, daß die Dinge
so verlaufen sind u. s. w. Die stenographischen Berichte, welche
mir verheißen sind, können wahrscheinlich an meiner Auffassung
der Dinge nichts ändern: Bismarck kann unmöglich Alles selbst
thun. Die nothwendig gewordene Organisation oder Reorgani-
sation der conservativen Partei ist rite Sache des Ministers
des Innern, und weder Bismarck noch ich noch Blanckenburg
oder sonst Jemand hat dazu den amtlichen Beruf. Ist der
dazu allein Berufene dazu nicht geneigt oder geeignet, so fehlt
ihm etwas Unentbehrliches für sein Amt, und die daraus sich
ergebende Folgerung mag man ziehen und darnach verfahren.
Was durch Bismarck's Verhalten gegen die Conservativen,
durch meine oder Blanckenburg's Abwesenheit an heilsamer
Einwirkung etwa unterblieben ist: daraus kann man auch für
Bismarck kaum einen wohlbegründeten Vorwurf ableiten. Wenn
man, wie ich, ganz sicher weiß, wie Ungeheures B. zu leisten
hat und auch leistet, so kann man ihn billigerweise nicht schelten,
1) „und Pflichtgefühl!“ Zusatz Bismarck's.
:) Roon's Denkwürdigkeiten III4.70 ff.