314 Einunddreißigstes Kapitel: Der Staatsrath.
lich genügend richtig gestellt werden wird. Er kann und wird
hoffentlich in der Regel abgelehnt werden; ist aber die Frage,
die er betrifft, dringend, so liegt die Gefahr vor, daß auch
ministerieller Unsinn glatt durch die parlamentarischen Stadien
geht, namentlich wenn es dem Verfasser gelingt, den einen
oder andern einflußreichen oder beredten Freund für sein Er-
zeugniß zu gewinnen. Abgeordnete, die einen Gesetzentwurf
von mehr als hundert Paragraphen zu lesen sich die Mühe
geben oder mit Verständniß zu lesen vermöchten, sind bei
der Ueberzahl studirter Leute aus der Justiz und der Ver-
waltung wohl vorhanden, aber die Lust und das Pflichtgefühl
zur Arbeit haben nur wenige, und diese sind vertheilt unter
einander bekämpfende Fractionen und Parteibestrebungen, deren
Tendenzen es ihnen erschweren, sachlich zu urtheilen. Die
meisten Abgeordneten lesen und prüfen nicht, sondern fragen
die für eigne Zwecke arbeitenden und redenden Fractionsführer,
wann sie in die Sitzung kommen und wie sie stimmen sollen.
Das Alles ist aus der menschlichen Natur erklärlich, und nie-
mand ist darüber zu tadeln, daß er nicht aus seiner Haut hinaus
kann; nur darf man sich darüber nicht täuschen, daß es ein
bedenklicher Irrthum ist, anzunehmen, daß unsern Gesetzen heut
zu Tage die Prüfung und vorbereitende Arbeit zu Theil werde,
deren sie bedürfen, oder auch nur die, welche sie vor 1848
genossen.
Ein Denkmal seiner Flüchtigkeit hat sich der Reichstag
von 1867 in der Verfassung des Norddeutschen Bunds gesetzt,
das in die Verfassung des Deutschen Reichs übergegangen ist.
Der einem Beschlusse des Frankfurter Bundestags nachgebildete
Artikel 68 des Entwurfs zählte fünf Verbrechen auf, die, wenn
sie gegen den Bund begangen werden, so bestraft werden sollen,
als wenn sie gegen einen einzelnen Bundesstaat begangen
wären. Die fünfte Nummer war mit „endlich“ eingeführt.
Der wegen seiner Gründlichkeit gerühmte Twesten stellte den