Dreiunddreißigstes Kapitel.
Kaiser Friedrich III.
Es war ein weitverbreiteter Irrthum, daß der Regirungs-
wechsel von Kaiser Wilhelm zu Kaiser Friedrich mit einem
Ministerwechsel, der mir meinen Nachfolger gegeben haben
würde, verbunden sein müßte. Im Sommer 1848 hatte ich
zuerst Gelegenheit, dem damals 17jährigen Herrn bekannt zu
werden und Beweise persönlichen Vertrauns von ihm zu er-
halten 1. Letztres mag bis 1866 gelegentlich geschwankt haben,
erwies sich aber als fest und offen bei Erledigung der Danziger
Episode in Gastein 1863:). Im Kriege von 1866, insbesondre
in den Kämpfen mit dem Könige und den höhern Militärs
über die Opportunität des Friedensschlusses in Nikolsburg,
hatte ich mich eines von politischen Principien und Meinungs-
verschiedenheiten unabhängigen Vertrauns des Kronprinzen zu
erfreuen ). Versuche, es zu erschüttern, sind von verschiednen
Seiten, die äußerste Rechte nicht ausgeschlossen, und unter An-
wendung verschiedner Vorwände und Erfindungen gemacht
worden, haben aber keinen dauernden Erfolg erreicht; zu ihrer
Vereitlung genügte seit 1866 eine persönliche Aussprache zwischen
dem hohen Herrn und mir.
Als der Gesundheitszustand Wilhelm's I. im Jahre 1885
Anlaß zu ernsten Besorgnissen gab, berief der Kronprinz mich
nach Potsdam und fragte, ob ich im Falle eines Thronwechsels
1) S. Bd. I S. 45 f.
2) S. Bd. I S. 369.
2:) S. o. S. 54 f.