Zwanzigstes Kapitel.
Nikolsburg.
1.
Am 30. Juni 1866 Abends y traf Seine Majestät mit dem
Hauptquartier in Reichenberg ein. Die Stadt von 28000 Ein-
wohnern beherbergte 1800 östreichische Gefangne und war nur
von 500 preußischen Trainsoldaten mit alten Carabinern besetzt;
nur einige Meilen davon lag die sächsische Reiterei. Diese konnte
in einer Nacht Reichenberg erreichen und das ganze Hauptquartier
mit Sr. Majestät aufheben. Daß wir in Reichenberg Quartier
hatten, war telegraphisch publicirt worden. Ich erlaubte mir
den König hierauf aufmerksam zu machen, und infolge dieser
Anregung wurde befohlen, daß die Trainsoldaten sich einzeln
und unauffällig nach dem Schlosse“) begeben sollten, wo der
König Quartier genommen hatte. Die Militärs waren über
diese meine Einmischung empfindlich, und um ihnen zu beweisen,
daß ich um meine Sicherheit nicht besorgt sei, verließ ich das
Schloß, wohin Seine Mojestät mich befohlen hatte, und behielt
mein Quartier in der Stadt. Es war damit schon der Keim
zu einer der Ressort-Eifersucht entspringenden Verstimmung der
Militärs gegen mich wegen meiner persönlichen Stellung zu
Sr. Majestät gelegt, die sich im Laufe des Feldzugs und des
französischen Krieges weiter entwickelte.
Nach der Schlacht von Königgrätzs) war die Situation der-
artig, daß ein Eingehn auf die erste Annäherung Oestreichs zu
Friedensunterhandlungen nicht nur möglich, sondern durch die
1) Richtiger: Nachmittags.
2) Des Grafen Clam Gallas.
) 3. Juli 1866.