Die Digression nach Preßburg. — Diplomatische Erwägungen. 41
machte meine Besorgnisse geltend und sagte: „Vierzehn Tage
abwartender Pause können wir nicht verlieren, ohne das Schwer-
gewicht des französischen Arbitriums gefährlich zu verstärken.“
Ich stellte die Frage, ob wir überhaupt die Floridsdorfer Be-
festigungen stürmen müßten, ob wir sie nicht umgehn könnten.
Mit einer Viertelschwenkung links könnte die Richtung auf Preß-
burg genommen und die Donau dort mit leichtrer Mühe über-
schritten werden. Entweder würden die Oestreicher dann den
Kampf in ungünstiger Lage mit Front nach Osten südlich 'von)
der Donau aufnehmen oder vorher auf Ungarn ausweichen;
dann sei Wien ohne Schwertstreich zu nehmen. Der König
ließ sich eine Karte reichen und sprach sich zu Gunsten dieses
Vorschlags aus; die Ausführung wurde, wie mir schien wider-
strebend, in Angriff genommen, aber sie geschah.
Nach dem Generalstabswerke, S. 522, erging erst unter dem
19. Juli folgender Erlaß des Großen Hauptquartiers:
„Es ist die Absicht Sr. Majestät des Königs, die Armee
in einer Stellung hinter dem Rußbach zu concentriren. . In
dieser Stellung soll die Armee zunächst in der Lage sein, einem
Angriff entgegen zu treten, welchen der Feind mit etwa 150000
Mann von Floridsdorf aus zu unternehmen vermag; demnächst
soll sie aus derselben entweder die Floridsdorfer Verschanzungen
recognosciren und angreifen oder aber, unter Zurücklassung eines
Observationscorps gegen Wien, möglichst schnell nach Preßburg
abmarschiren können .. Beide Armeen schieben ihre Vortruppen
und Recognoscirungen an den Rußbach in der Richtung auf
Wolkersdorf und Deutsch-Wagram vor. Gleichzeitig mit diesem
Vorrücken soll der Versuch gemacht werden, Preßburg durch
überraschenden Angriff in Besitz zu nehmen und den eventuellen
Donauübergang daselbst zu sichern.“
Mir kam es für unfre spätern Beziehungen zu Oestreich
darauf an, kränkende Erinnrungen nach Möglichkeit zu verhüten,
wenn es sich ohne Beeinträchtigung unfrer deutschen Politik thun