Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Zweiter Band. (2)

Vermittlung d. Kronprinzen. Randbemerkung des Königs. Varnbüler. 55 
  
gegen, ohne mich an ihrer unverbindlichen Form zu stoßen. Im 
Geiste des Königs waren eben die militärischen Eindrücke damals 
die vorherrschenden, und das Bedürfniß, die bis dahin so glän- 
zende Siegeslaufbahn fortzusetzen, war vielleicht stärker als die 
politischen und diplomatischen Erwägungen. 
Von dem erwähnten Marginale des Königs, das mir der 
Kronprinz überbrachte, blieb mir als einziges Residuum die 
Erinnrung an die heftige Gemüthsbewegung, in die ich meinen 
alten Herrn hatte versetzen müssen, um zu erlangen, was ich 
im Interesse des Vaterlands für geboten hielt, wenn ich ver- 
antwortlich bleiben sollte. Noch heut haben diese und analoge 
Vorgänge bei mir keinen andern Eindruck hinterlassen als die 
schmerzliche Erinnerung, daß ich einen Herrn, den ich persönlich 
liebte wie diesen, so habe verstimmen müssen. 
5. 
Nachdem die Präliminarien mit Oestreich unterzeichnet 
waren 9, fanden sich Bevollmächtigte von Würtemberg, Baden 
und Darmstadt ein. Den würtembergischen Mimster von Varn- 
büler zu empfangen, lehnte ich zunächst ab, weil die Verstimmung 
gegen ihn bei uns stärker war als gegen Pfordten. Er war 
politisch gewandter als der Letztre, aber auch weniger durch 
deutsch-nationale Scrupel behindert. Seine Stimmung beim 
Ausbruch des Kriegs hatte sich in dem Vae victis! 2) ausgedrückt 
und war zu erklären aus den Stuttgarter Beziehungen zu 
Frankreich, die insbesondre durch die Vorliebe der Königin von 
Holland), einer würtembergischen Prinzessin, getragen waren. 
1) Am 20. Juli; siehe Staatsarchiv von Aegidi und Klauhold 
Bd. XI, 166 Nr. 2364; der Friede von Prag wurde am 23. August ab- 
geschlossen, Staatsarchiv Bd. XI, 176 Nr. 2369. 
2) „Wehe den Besiegten!“ Nach Livius V, 48 Ausruf des über die 
Römer siegenden Brennus der Gallier. 
:) Sophie, Tochter des Königs Wilhelm I. von Würtemberg, Ge- 
malin des Königs Wilhelm III. von Holland.
	        
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