Reactionäre Bestrebungen. Russische Anträge von 1863. 71
händiger Correspondenz lebhaft befürwortet hatte 0. Auf mehren
eng geschriebenen Bogen in der feinen Hand des Kaisers, weit
ausgesponnen und mit mehr Declamation, als in seiner Feder
lag, konnte der Brief an Hamlet's Wort:
Whether #t is nobler in the mind, to suffer
The slings and arrows of outrageous fortune,
Or to take arms against a sea of troubles,
And by opposing end them? —))
erinnern, wenn man es aus dem Zweisel in die Affirmative
übersetzt: der Kaiser ist der westmächtlichen und östreichisch-
polnischen Chikanen müde und entschlossen, den Degen zu ziehn,
um sich von ihnen frei zu machen; an die Freundschaft und die
gleichen Interessen des Königs appellirend, fordert er ihn zu
gemeinsamem Handeln auf, so zu sagen in erweitertem Sinne
der Alvensleben'schen Convention vom Februar desselben Jahres.
Dem Könige wurde es schwer, einerseits dem nahen Ver-
wandten und nächsten Freunde eine ablehnende Antwort zu
geben, andrerseits sich mit dem Entschlusse vertraut zu machen,
seinem Lande die Uebel eines großen Kriegs aufzuerlegen, dem
Staate und der Dynastie die Gefahren eines solchen zuzu-
muthen. Auch die Seite seines Gemüthslebens, die ihn geneigt
machte, die Frankfurter Fürstenversammlung zu besuchen, das
Gefühl der Zusammengehörigkeit mit allen alten Fürstenhäusern,
trat in ihm der Versuchung entgegen, der Anrufung des be-
freundeten Neffen und den preußisch-russischen Familientradi-
tionen eine Folge zu geben, die zu dem Bruch mit dem deut-
schen Bundesverhältniß und der Gesammtheit der deutschen
1) Vgl. Bd. 1I 314. 356. Vgl. auch Bismarck's Rede vom 6. Februar
1888, Politische Reden XII, 451.
:) Shakespeare, Hamlet III 1:
Ob's edler im Gemüth, die Pfeil’' und Schleudern
Des wüthenden Geschicks erdulden oder
Sich waffnend gegen eine See von Plagen
Durch Widerstand sie enden?