Full text: Gedanken und Erinnerungen. Neue Ausgabe. Zweiter Band. (2)

76 Einundzwanzigstes Kapitel: Der Norddeutsche Bund. 
  
dessen Stellung den maßlosen Angriffen der Fortschrittspartei 
und dem Druck der östreichischen Diplomatie nicht blos auf 
dem nationalen Gebiete des Frankfurter Fürstencongresses, 
sondern auch auf dem polnischen von Seiten der drei großen 
verbündeten Mächte England, Frankreich und Oestreich aus- 
gesetzt war. 
Daß der König 1863 seine schwer gekränkte Empfindung 
als Monarch und als Preuße nicht über die politischen Er- 
wägungen Herr werden ließ, beweist, wie stark in ihm das 
nationale Ehrgefühl und der gesunde Menschenverstand in der 
Politik waren. 
5. 
Im Jahr 1866 konnte der König über die Frage, ob er 
aus eigner Kraft den parlamentarischen Widerstand brechen und 
einer Wiederkehr desselben vorbeugen solle, nicht so schnell mit 
sich in's Reine kommen, so gewichtige Gründe auch dagegen 
sprachen. Mit der Suspendirung und Revision der Verfassung, 
mit der Demüthigung der Landtagsopposition wäre allen mit 
den Erfolgen von 1866 Unzufriednen in Deutschland und Oest- 
reich eine wirksame Waffe gegen Preußen für die vorauszu- 
sehenden künftigen Kämpfe gegeben worden. Man hätte sich 
darauf gefaßt machen müssen, einstweilen in Preußen gegen 
Parlament und Presse ein Regirungssystem durchzuführen, das 
von dem ganzen übrigen Deutschland bekämpft wurde. Maßregeln, 
die bei uns gegen die Presse zu ergreifen gewesen sein würden, 
würden in Dessau keine Gültigkeit gehabt haben, und Oestreich 
und Süddeutschland würden ihre Revanche einstweilen dadurch 
genommen haben, daß sie die von Preußen verlassene Führung 
auf liberalem und nationalem Gebiete übernahmen. Die natio- 
nale Partei in Preußen selbst würde mit den Gegnern der 
Regirung sympathisirt haben; wir konnten dann innerhalb der 
verbesserten preußischen Grenzen staatsrechtlich eine Stärkung
	        
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