Die Annexionen: Hanover, Kurhessen, Nassau. Friedensschlüsse. 81
Länder und des Bündnisses mit den frühern Herrschern als
Theilfürsten eines Restes zu verhandeln. Wenn der Kurfürst
Fulda und Hanau und Georg V. Kalenberg mit Lüneburg und
der Aussicht auf die Erbfolge in Braunschweig behalten hätte,
so würden weder die Hanoveraner und Hessen noch die beiden
Fürsten zufriedne Theilnehmer des Norddeutschen Bunds ge-
worden sein. Dieser Plan würde uns unzufriedne und behufs
Wiedererwerb des Verlornen zur Rheinbündelei geneigte Bundes-
genossen gegeben haben.
Auch eine so unbedingte Hingebung für Oestreich, wie sie
Nassau bewiesen hatte in der unmittelbaren Nähe von Coblenz,
war eine gefährliche Erscheinung, besonders in der Eventualität
französisch-östreichischer Bündnisse, wie sie sich während des Krim-
kriegs und der polnischen Wirren von 1863 in bedrohliche Aus-
sicht gestellt hatten. Die Abneigung Sr. Majestät gegen Nassau
war ein väterliches Erbtheil. Friedrich Wilhelm III. pflegte durch
das Herzogthum zu reisen, ohne den Herzog!) zu sehn. Das
Contingent des Herzogs hatte sich in der Rheinbundzeit in
Preußen besonders unangenehm gemacht, und König Wilhelm I.
wurde gegen Concessionen an den Herzog) durch den leiden-
schaftlichen Widerspruch der Deputationen früherer nassauischer
Unterthanen eingenommen; die stehende Rede derselben war:
„Schütze Se uns vor dem Fürste und sei’ Jagdknechte" 5.
Es blieben Friedensverträge zu schließen mit Sachsen und
den süddeutschen Staaten. Herr von Varnbüler bewies die-
selbe Lebhaftigkeit des Temperaments wie bei den Vorbereitungen
zum Kriege und war der erste, mit dem der Abschluß gelang #.
1) Wilhelm (1816—1839).
„) Adolph (1839—1866).
:) Zu den Annexionen vgl. die Botschaft vom 16. Aug. 1866, betr.
die Vereinigung des Königreichs Hanover, des Kurfürstenthums Hessen,
des Herzogthums Nassau und der Freien Stadt Frankfurt mit dem
Königreich Preußen, Politische Reden III 50 ff.
4) S. o. S. 55. 57.
Otto Fürst von Bismarck, Gedanken und Erinnerungen. II. 6