Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Erster Band (A-K). (1)

134 Aufwandsteuern. 
kanten von Gold= und Silberwaren, die übungs- 
mäßig an die Wiederverkäufer im Stück ab- 
gesetzt werden, von Taschenuhren, Bifonuterie-, 
Schildpattwaren, Edelsteine, Perlen, Kameen 
und Korallen handelt, von den Waren nur 
Proben und Muster mitgeführt werden (Gew. 
§ 44 Abs. 2; RH6 Bek. vom 27. Nov. 1896 I, 1 
— BEl. 745). Das Gesetz verbietet nur, 
daß Waren beim Aufsuchen der Bestellungen 
mitgeführt werden, der Reisende darf daher 
mit der Ablieferung der Waren betraut 
werden (OVE. 26, 288), Proben und Muster 
sind lediglich solche Gegenstände, deren aus- 
schließliche wirtschaftliche Bestimmung darin be- 
steht, die vertragsmäßigen Eigenschaften der 
bestellten oder zu bestellenden Waren festzu- 
stellen. Einzelne Lieferungen einer Druchschrift 
sind keine Proben und Muster für den auf 
Bestellung zu liefernden Rest des Werkes 
(& J. 23 C 35). Ein Beisender, der im Um- 
herziehen für seine Firma Bestellungen auf 
vergrößerte Photographien sammelt, bedarf 
eines Wandergewerbescheines (RG#J. 25 C 61). 
Auch für Weinhändler und ihre Reisende 
genügt der Besitz einer Legitimations= oder 
Gewerbelegitimationskarte, wenn sie ohne 
vorgängige Aufforderung Bestellungen auf 
Wein (Traubenwein einschließlich Schaumwein) 
bei jedermann aufsuchen wollen. Das gleiche 
gilt für den Handel mit Erzeugnissen der 
einen- und Wäschefabrikation und mit Aäh— 
maschinen sowie für die Fabrikanten über- 
webter Holzrouleaus (RBek. vom 27. MVov. 
1896 12 und vom 25. März 1897 — RGBl. 96). 
Bestellungen auf Druchschriften (l. d.), andere 
Schriften und Bildwerke dürfen auch bei jeder- 
mann aufgesucht werden, wenn sich der Ge- 
werbetreibende oder seine Reisenden im Besitz 
einer Legitimationskarte befinden; jedoch sind 
Druchschriften, andere Schriften und Bildwerke, 
insofern W6 in sittlicher oder religiöser Be- 
ziehung Argernis zu geben geeignet sind oder 
mittels Zusicherung von Prämien oder Ge- 
winnen vertrieben werden oder in Lieferungen 
erscheinen, wenn nicht der Gesamtpreis auf jeder 
einzelnen Lieferung an einer in die Augen 
fallenden Stelle bestimmt verzeichnet ist, aus- 
geschlossen (GewO. 88 44 Abs. 3, 4, 56 Abf. 3). 
Eine Legitimationskarte genügt endlich all- 
gemein, wenn das A. v. W. nur gegen vor- 
gängige ausdrückliche Aufforderung erfolgt. 
Eine allgemeine Aufforderung genügt. Ob 
die Initiative von den Kunden oder von 
den Gewerbetreibenden ausgegangen ist, 
ist gleichgültig (&E J. 18, 242; 22 C 103). 
Eine vorherige Aufforderung liegt nicht 
vor, wenn der Gewerbetreibende bei dem Be- 
steller die Aufforderung und dann sofort die 
Bestellung entgegennimmt (&##J. 25 C 59). 
In allen übrigen Fällen ist für das A. v. W. 
außerhalb des Gemeindebezirks der gewerb- 
lichen Aiederlassung ein Wandergewerbeschein 
erforderlich (s. Gewerbebetrieb im Umher- 
ziehen). Verboten ist beim Gewerbebetrieb im 
mherziehen das Aufsuchen von Bestellungen 
auf die vorbezeichneten Druckschriften usw., auf 
Staats= oder sonstige Wertpapiere, Lotterielose, 
und Bezugs= und Anteilsscheine auf Wertpapiere 
und Lotterielose, auf Branntwein und Spiri- 
  
tus bei Personen, in deren Gewerbebetriebe 
dieselben Kkeine Verwendung finden, auf Waren, 
die gegen Teilzahlung unter dem Vorbehalte 
veräußert werden, daß der Veräußerer wegen 
Lichterfüllung der dem Erwerber obliegenden 
Verpflichtungen vom Vertrage zurüchktreten 
kann (GewO. § 56a). Strafbestimmungen 
s. Gew O. 8 148 Abs. 1 Ar. 5, 7a. Wegen der 
Bestimmung s. Gewerbesteuer III und Hau- 
siergewerbesteuer II. 
Aufwandsteuern sind Steuern, die nicht 
aus Anlaß des Erwerbes oder Besitzes, son- 
dern aus Anlag der Aufwendung, der Veraus- 
gabung von Geld oder Geldeswert, sei es 
auch nach dem Maßstabe der Aufwendung, sei 
es nach anderen Maßstäben, auferlegt werden. 
Es gehören daher zu den A. die sämtlichen 
Verbrauchssteuern, die Zölle, die vom 
Mieter erhobenen Mietssteuern, die Hunde-, 
Lustbarkeits= und die sog. Luxussteuern. 
Manche A. verfolgen den Zweck, die durch 
sie getroffenen Aufwendungen auf ein ge- 
ringeres Maß zu beschränken. Dies ist z. B. 
der Fall bei den Hunde= und Lustbarkeits- 
steuern und war es bei einzelnen der in 
früherer Zeit bestehenden Luxussteuern. Bis 
u einem gewissen Grade waltet eine solche 
bsicht auch bei der Branntweinsteuer und 
bei gewissen Zöllen ob. Im allgemeinen aber 
geht die Absicht auch der A. dahin, eine aus 
der Aufwendung geschlossene Steuerkraft 
(Einkommen, Vermögen) nach ihrer Steuer- 
fähigkeit zu treffen, und ihr Charakteristikum 
liegt eben nur darin, daß die Steuerkraft 
nicht nach Qualität und Quantität festgestellt, 
sondern der Aufwand als äußere Betätigung 
derselben angesehen und an ihrer Stelle zum 
Anlaß der Besteuerung genommen wird. 
Inwieweit die A. den direkten oder in- 
direkten Steuern zuzuzählen sind, richtet sich 
danach, worin man das Unterscheidungsmerk- 
mal zwischen direkten und indirekten Steuern 
erblicht. Sieht man als direkte Steuern solche 
an, die auf Grund einer nach Qualität und 
Quantität festgestellten Steuerkraft, als in- 
direkte solche, die aus Anlaß von Vor- 
gängen erhoben werden, welche die Annahme 
des Vorhandenseins einer Steuerfähigkeit 
rechtfertigen, so gehören offenbar sämtliche A. 
zu den indirekten Steuern. Dem, der das 
Unterscheidende darin sieht, ob nach der Ab- 
sicht des Gesetzgebers der Steuerzahler auch 
der Steuerträger sein soll, mit anderen Worten, 
ob eine Steuerüberwälzung beabsichtigt ist, 
sind Mietssteuern, Hundesteuern und Steuern 
auf die Haltung sonstiger einzelner Gegenstände 
des Luxus (Equipagen, Fahrräder, Dienstboten 
usw.), sowie Lustbarkeitssteuern, soweit sie vol- 
den Teilnehmern an der Lustbartkeit unmittei- 
bar erhoben werden, direkte, die Verbrauchs 
steuern und Zölle indirekte Steuern. * 
demselben Ergebnisse kommt, wer zu den in 
direkten Steuern nur solche rechnet, die nan 
Maßgabe von nur vorübergehenden einzelne 
Vorgängen, nicht auch diejenigen, die nad 
Tatsachen, die zwar von gewisser Dauer sin "„ 
aber doch nur Rückhschlüsse auf das Vorhandemn 
sein einer Steuerkraft zulassen, erho 6= 
werden. Die preußische und die Reichsgese
	        
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