Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Ruhegehalt — Ruhestörung 
und Leitung der unter den Deutschen im Aus- 
lande bestehenden Rückwanderungsbewegung ge- 
ründet worden. Ihre Tätigkeit ist im wesent- 
ichen darauf gerichtet, den Deutschen im Aus- 
lande, die entschlossen oder gezwungen sind, ihre 
dortigen Wohnsitze zu verlassen, und nach Deutsch- 
land zurückkehren wollen, mit Rat und Tat zur 
Seite zu stehen, sie im Inlande unterzubringen 
und bei ihrer Eingewöhnung in die Verhältnisse 
der alten Heimat zu unterstützen. Erl. vom 
28. Mai 1909. Es handelt sich hier vorzugsweise 
um deutsche Rückwanderer aus Rußland. Die 
Rückwandererstelle bezweckt die Wiederbevölke- 
rung des platten Landes und die Ersetzung der 
slawischen Wanderarbeiter durch seßhafte deutsche 
Landarbeiterfamilien — eine wirtschaftlich und 
national gleich wichtige Tätigkeit. 
Ruhegehalt. S. die „Pensionierung“ 
betreffenden Artikel, darunter Offizier- 
pensionsgesetz; Mannschaftsver- 
sorgungsgesetz; Geistliche (Eme- 
ritierung) und Kirchen beamte III. 
Nuhegehaltskassen für Bolksschullehrer. Um 
die wechselnde Pensionslast der Gemeinden für 
die Aufbringung der Ruhegehälter der Volks- 
schullehrer (s. Pensionierung der Leh- 
rer) gleichmäßiger zu gestalten, ist durch das 
G. vom 23. Juli 1893 (GS. 194; Ausff. 
vom 28. Juli, 5. Aug. u. 14. Sept. 1893 — 
UßBl. S. 658 bzw. 660 u. 732; Einführung in 
Helgoland durch V. vom 1. Febr. 1897 — 
GS. 23; wegen Hohenzollern s. § 67 des 
Volksschulunterhaltungsgesetzes) die Einrichtung 
von R. angeordnet. Die Bestimmungen dieses 
G. sind demnächst auch für die Alterszulage- 
kassen für Volksschullehrer ((. Lehrer- 
besoldung II 2) und für die Witwen= und 
Waisenkassen für Volksschullehrer (s. Wit- 
wen= und Waisenversorgung der 
Volksschullehrer) maßgebend gewor- 
den. Das Gesetz bestimmt, daß behufs ge- 
meinsamer Bestreitung des durch den Staats- 
beitrag (s. Staatsbeiträge für 
Volksschulen III 2) nicht gedeckten 
Teils der Ruhegehälter der Lehrer und 
Lehrerinnen an den öffentlichen Volksschulen, 
für die zur Aufbringung verpflichteten Schul- 
verbände (Schulsozietäten, Gemeinden, Guts- 
bezirke) in jedem Regierungsbezirk, unter Aus- 
schluß von Berlin, eine von der Regierung ver- 
waltete Ruhegehaltskasse gebildet wird und aus 
dieser die Ruhegehälter an die Berechtigten ge- 
zahlt werden (§§ 1, 2 u. 5). Der Bedarf der 
Kasse ist von den Schulverbänden des Kassen- 
bezirks aufzubringen. Seine Verteilung erfolgt 
nach dem Stande der Ruhegehälter am 1. Oktober 
des Vorjahres unter Hinzurechnung der voraus- 
sichtlichen Verwaltungskosten unter Zugrunde- 
legung des ruhegehaltsberechtigten Jahresein- 
kommens der Lehrer und Lehrerinnen gleichfalls 
nach dem Stande am 1. Okt. des Voriahres, wo- 
bei jedoch für jede Stelle ein Betrag bis zu 800 .K 
außer Berechnung bleibt (88 6—8; s. hierzu auch 
O#G. 29, 162; 32, 195; 38, 207). Der Ver- 
teilungsplan wird von der Regierung entworfen 
und dem von dem ProvinzialiLandes)hausschusse 
auf je sechs Jahre gewählten, zur Wahrnehmung 
der Interessen der Schulunterhaltungspflichtigen 
bestellten Kassenanwalt (s. d.) mitgeteilt und 
  
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nach Erledigung etwaiger von ihm geltend ge- 
machter Erinnerungen festgestellt und öffentlich 
bekanntgemacht (8§§ 3, 9, 10). Die festgestellten 
Beträge werden von den Schulverbänden in 
vierteljährlichen Raten eingezogen (§ 11). Die 
Einziehung erfolgt im Verwaltungszwangsver- 
fahren (U Bl. 1896, 607). Nachforderungen 
über die durch den Verleilungsplan festgestellten 
Sätze hinaus sind unzulässig (O VG. 39, 162). 
Den Schulverbänden steht gegen den Vertei- 
lungsplan binnen einer vierwöchentlichen Frist 
die Klage im Verwaltungsstreitverfahren beim 
BezA. gegen die Regierung, jedoch ohne auf- 
schiebende Wirkung, zu (s. hierzu auch O#. 
39, 162). Von jeder Ruhegehaltsfestsetzung ist 
dem Kassenanwalt Kenntnis zu geben, dem die- 
selben Rech smittel, wie den zur Unterhaltung 
der Schule Verpflichteten zustehen (§ 17). Wo be- 
sondere Träger der Pensionslast nicht vorhanden 
sind, tragen die Lehrerunterhaltungspflichtigen 
die Last, auch wenn sie nur ortsverfassungsmäßig 
zu Leistungen verbunden sind (U BBl. 1896, 426; 
1897, 782). Nach § 64 des Schulunterhaltungs- 
gesetzes vom 28. Juli 1906 treten für dessen 
Bereich vom 1. April 1908 ab durchweg die 
Schulverbände ein, soweit nicht Dritte ver- 
pflichtet sind. Das G., betr. das Ruhegehalt der 
Lehrer und Lehrerinnen an den öffentlichen nicht- 
staatlichen mittleren Schulen, vom 11. Juni 
1894 (G. 109), gestattet im § 4 den zur Auf- 
bringung des Ruhegehalts Verpflichteten den 
Beitritt zur Ruhegehaltskasse für Volksschullehrer. 
Das G. vom 25. Aug. 1909 (GS. 738) macht 
den Beitritt dann zur Pflicht, wenn eine Ge- 
meinde mit den von ihr unterhaltenen mittleren 
Schulen der Alterszulagekasse für die Volksschul- 
lehrer beitreten will. — Wegen gleichartiger 
Einrichtungen für die Geistlichen s. Geist- 
liche (Emeritierung) Ac und für Kir- 
chen beamte III. 
Ruhestörung. Der Polizei liegt es ob, jede 
Störung der öffentlichen Ruhe zu verhindern, 
soweit diese als Bestandteil der öffentlichen Ord- 
nung gefährdet ist („„Offentliche Ruhe, 
Sicherheit und Ordnung). Strafrecht- 
licher Schutz gegen Ruhestörungen ist dagegen 
nur in dem weit engeren Rahmen des § 360 
Ziff. 11 StGB. gewährt. Mit Geldstrafen bis 
zu 150 .K oder mit Haft bis zu sechs Wochen wird 
bestraft, wer ungebührlicherweise ruhestörenden 
Lärm erregt. Dieser Tatbestand liegt nur vor, 
wenn Geräusche hervorgebracht werden, welche 
das Publikum als solches — nicht nur einzelne 
Personen — belästigen. Die Störung braucht 
aber nicht notwendig an einem öffentlichen Orte 
stattgefunden zu haben, es genügt, daß ein indi- 
viduell nicht begrenzter Personenkreis, z. B. auch 
die miteinander nicht in persönlicher Verbindung 
stehenden Bewohner eines Mietshauses, in Mit- 
leidenschaft gezogen sind (R St. 13, 366). Ohne 
Belang für die Strafbarkeit ist auch die Zeit der 
Verübung, die Störung der Tag= und Nachtruhe 
steht gleich. Unbedingte Voraussetzung strafrecht- 
lichen Einschreitens ist dagegen, daß der Lärm 
ungebührlicherweeise erregt war, d. h. 
daß der Urheber zu seiner störenden Handlung 
entweder überhaupt nicht befugt war oder die 
ihm zustehenden Befugnisse ohne zwingenden 
Grund überschritten hat, etwa durch die Art oder 
  
 
	        
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