Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Unterhaltspflicht 
die Erwerbsunfähigkeit durch einen Unfall 
herbeigeführt sei, darf nur nach vorhergehender 
mündlicher Verhandlung zuungunsten des Renten- 
bewerbers beantwortet werden (AN. 17, 597). 
Der Vorstand der Versicherungsanstalt ist be- 
rechtigt, auch in anderen Fällen und über andere 
Fragen das Gutachten der u. V. auf Grund 
mündlicher Verhandlung zu verlangen (Inv- 
VG. 8§ 59 Abs. 2). Die u. V. kann Zeugen 
und Sachverständige uneidlich vernehmen. Das 
Verfahren der u. V. ist auf Grund des Inv- 
VG. 8 64 Abs. 6 durch die Anw. vom 15. Nov. 
1908 (HMl. 369) geregelt. Die u. V. erhalten 
von allen auf ihre Begutachtung hin getroffenen 
Entscheidungen des Vorstands der Versicherungs- 
anstalt Mitteilung (Inv VG. § 122). Die Wahl 
der Vertreter erfolgt nach näherer Bestimmung 
einer Wahlordnung, die von dem für den Sitz 
der Versicherungsanstalt zuständigen Oberpräsi- 
  
denten erlassen ist (Erl. vom 1. Sept. 1899), 
unter Leitung eines Beauftragten dieser Behörde, 
scheidet (Inv VG. § 63). 
geber und Versicherten je vier (Inv VG. 8§ 61). 
Die Vertreter werden von den Vorständen der 
im Bezirke der u. V. vorhandenen Orts-, Be- 
triebs= (Fabrik-), Bau= und Innungskranken- 
kassen, Knappschaftskassen, Seemannskassen und 
anderen zur Wahrung von Interessen der See- 
leute bestimmten, obrigkeitlich genehmigten Ver- 
einigungen von Seeleuten sowie von den Vor- 
ständen der als Träger der Krankenversicherung 
anerkannten Hilfskassen (s. d.), deren Bezirk 
sich über den Bezirk der u. V. nicht hinaus- 
erstreckt, gewählt. Soweit die Vorstände der 
bezeichneten Kassen und Vereinigungen aus 
Vertretern der Arbeitgeber und Vertretern der 
Versicherten zusammengesetzt sind, nehmen bei 
der Wahl die den Arbeitgebern angehörenden 
Mitglieder des Vorstands nur an der Wahl 
der Vertreter der Arbeitgeber, die den Ver- 
sicherten angehörenden Mitglieder des Vorstands 
nur an der Wahl der Vertreter der Versicherten 
teil. Vorstände solcher Krankenkassen, für deren 
Mitglieder eine zugelassene besondere Kassen- 
einrichtung (s. d.) besteht, sind nicht berechtigt, 
an den Wahlen teilzunehmen (Inv WG. 8§ 629. 
Für diejenigen Versicherten, welche einer Kasse 
oder Vereinigung nicht angehören, ist die Be- 
teiligung an der Wahl der Vertreter den Kreis- 
ausschüssen, in Stadtkreisen den Magistraten 
übertragen (Bek. des HM. und Md J. vom 
26. Aug. 1899 — Ml. 165). Die Vertreter 
müssen im Bezirke der u. V. und mindestens 
zur Hälfte an ihrem Sitz oder in einer Ent- 
fernung bis zu 10 km von diesem wohnen; 
sie dürfen nicht Mitglieder des Vorstandes der 
Versicherungsanstalt oder eines Schiedsgerichts 
, tiger Ehe. 
die auch die Streitigkeiten über Wahlen ent- 
Solange nicht der 
Oberpräsident ein anderes bestimmt, beträgt die 
Zahl der Vertreter aus der Klasse der Arbeit- 
  
sein (Inv VWG. § 62 Abs. 3). Die Vertreter 
werden durch die u. V. auf die gewissenhafte 
Erfüllung ihrer Obliegenheiten verpflichtet. Die 
Reihenfolge ihrer Zuziehung bestimmt der Re- 
gierungspräsident, in Berlin der Oberpräsident. 
Die den Vertretern zustehenden Bezüge und die 
Auslagen des Verfahrens trägt die Versicherungs- 
anstalt (Inv VG. § 64 Abs. 1—3). Im übrigen 
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die für die ehrenamtlichen Mitglieder der Organe 
der Versicherungsanstalten (s. d. IV 4) maß- 
gebend sind. 
Unterhaltspflicht. Durch bestimmte Ver- 
wandtschaftsverhältnisse und ebenso durch die 
Ehe wird eine privatrechtliche U. begründet, 
die namentlich für die Frage, ob Hilfsbedürf- 
tigkeit im armenrechtlichen Sinne vorliegt und 
ob ihr durch Heranziehung von Unterhalts- 
pflichtigen durch die zuständige Behörde ab- 
geholfen werden kann (s. Armenunter- 
stützung), sowie für den Erstattungsanspruch 
(s. d.) des AV., der Unterstützung gewährt hat, 
in Betracht kommt. Verwandte in auf- 
steigender oder absteigender Linie (Kinder, 
Eltern, Großeltern, Urgroßeltern, aber nicht 
Schwiegereltern, Schwiegerkinder, Geschwister) 
sind verpflichtet, einander Unterhalt zu ge- 
währen. Voraussetzung für die Verwandtschaft 
mit einem Manne ist die Abstammung aus gül- 
Nur der Mutter und ihren Eltern 
gegenüber wird die U. auch durch uneheliche 
Geburt begründet (BG. §#§ 1589, 1591, 1598, 
1601, 1705). Durch nachfolgende Che oder durch 
Ehelichkeitserklärung legitimierte Kinder haben 
die rechtliche Stellung chelicher Kinder (BG#. 
§§ 1719, 1736). Kinder aus einer nichtigen 
Ehe sind dann Verwandte des Vaters, wenn 
sie nach BGB. § 1699 als eheliche gelten. An 
Kindes Statt angenommene Kinder haben die 
rechtliche Stellung von ehelichen Kindern des 
Annehmenden (B#B. §§ 1757—1766). Durch 
die Ehescheidung der Eltern wird die gegen- 
seitige Unterhaltspflicht der Eltern und Kinder 
nicht berührt. — Unterhaltsberechtigt ist nur, 
wer außerstande ist, sich selbst standesgemäß zu 
unterhalten (BGB. 8§§ 1602, 1610). Die U. 
besteht nur, wenn und soweit als der Ver- 
pflichtete bei Berücksichtigung seiner sonstigen 
Verpflichtungen imstande ist, den Unterhalt 
ohne Gefährdung seines standesgemäßen Unter- 
halts zu gewähren. Eltern sind jedoch ihren 
minderjährigen unverheirateten Kindern gegen- 
über verpflichtet, alle verfügbaren Mittel zu 
ihrem und der Kinder Unterhalte gleichmäßig 
zu verwenden, sofern nicht ein anderer unter- 
haltspflichtiger Verwandter vorhanden ist oder 
der Unterhalt des Kindes aus dem Stamme 
seines eigenen Vermögens bestritten werden 
kann (BGB. 8§ 1603). Dagegen sind die einer 
verarmten Familie angehörenden Kinder, die 
ihren Erwerb dem gemeinschaftlichen Haushalt 
zuführen, nicht verpflichtet, sich mit dem not- 
dürftigen Unterhalt zu begnügen (BAp. 29, 54; 
37, 45). — Soweit die U. einer Frau ihren 
Verwandten gegenüber davon abhängt, daß sie 
zur Gewährung des Unterhalts imstande ist, 
kommt die dem Manne an dem eingebrachten 
Gute zustehende Verwaltung und Nutznießung 
nicht in Betracht. Besteht allgemeine Güter- 
gemeinschaft, Errungenschaftsgemeinschaft oder 
Fahrnisgemeinschaft, so bestimmt sich die U. 
des Mannes oder der Frau Verwandten gegen- 
über so, wie wenn das Gesamtgut dem unter- 
haltspflichtigen Ehegatten gehört. Sind be- 
dürftige Verwandte beider Ehegatten vorhan- 
den, so ist der Unterhalt aus dem Gesamtgute 
so zu gewähren, wie wenn die Bedürftigen 
gelten für die Vertreter dieselben Bestimmungen, zu beiden Ehegatten in dem Verwandtschafts-
	        
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