Untersuchungsrichter — Urbarien 797
Untersuchungsrichter s. Landgerichte II der sog. Lex Heinze, scheiterten jedoch an einer
u. V. starken Gegenbewegung, welche von der Be-
Untertanenschaft. Die U. ist das Verhältnis fürchtung getragen wurde, daß jede Erweiterung
der Untertänigkeit unter dem Staatsoberhaupte. des strafbaren Tatbestandes dessen Grenzen zu
Der Ausdruck entstammt der älteren Zeit, in dehnbar gestalten und die Freiheit der wissen-
welcher sich die Gewalt des Staates in der schaftlichen Forschung wie des künstlerischen
Person des Fürsten vereinigte. Er hebt deshalb Schaffens gefährden würde. Erreicht wurde nur
das Verhältnis zu dieser hervor, während der die Hinzufügung des § 184 a, auf Grund dessen
Ausdruck Staatsangehörigkeit mehr das Ver- mit Gefängnis bis zu 6 Monaten oder mit Geld-
hältnis zur Staatsgewalt betont. Begrifflich strafe bis zu 600 A bestraft wird, wer Schriften,
sind beide Ausdrücke gleichwertig, wenn auch Abbildungen oder Darstellungen, welche ohne
die neuere Gesetzgebung den gegenwärtigen unzüchtig zu sein das Schamgefühl gröblich ver-
staatsrechtlichen Verhältnissen entsprechend den letzen, einer Person unter 16 Jahren gegen
Ausdruck Staatsangehörigkeit bevorzugt. S. im Entgelt überläßt oder anbietet. Unter diese Straf-
übrigen Staatsangehörigkeit; Staats-= bestimmungen fallen also auch schamverletzende
bürgerliche Rechte.
Untiefen s. Leitfeuer; Seezeichen-
wesen.
Unvordenkliche Verjährung ist nicht geeignet,
Bilder und Schriften, welche der geschlechtlichen
Beziehung entbehren. Die Polizeibehörden sind
mehrfach, zuletzt durch Erl. vom 13. Juni 1908
(Ml. 140) angewiesen worden, der Bekämpfung
die Wegebaulast zu begründen. Ob sie die u. S. usw. größte Aufmerksamkeit zu widmen.
Annahme rechtfertigt, daß die Wegepolizeibehörde Da aber nach der Rechtsprechung des O#.
stillschweigend der Benutzung eines Weges für (OVG. 40, 295) sämtliche auf mechanischem
den öffentlichen Verkehr oder der Ausübung Wege hergestellten Bildwerksvervielfältigungen,
eines Privatrechtes an einem öffentlichen Wege auch soweit es sich um die photographische Wieder-
zugestimmt habe, ist tatsächliche Frage (OVG. gabe nach der Natur handelt, den Bestimmungen
17, 18; anders RZ. 19, 196). S. Verjäh= des Preßgesetzes unterliegen, ist jedes präventiv-
rung auf dem Gebiete des Wege- polizeiliche Eingreifen gegenüber der Ausstellung
rechts.
Unwetterversicherung. Die Versicherung gegen
die schädlichen Folgen von Unwettern (Sturm,
Überschwemmung usw.) ist, von der Hagelver-
sicherung (s. d.) abgesehen, wenig ausgebildet,
da es an den statistischen Grundlagen für Be-
messung der Gefahr und der daraus sich er-
gebenden Höhe der Prämie meist fehlt. Ein
Teil der Feuerversicherungsgesellschaften hat die
U. als Nebenbetrieb einge führt.
Unzucht (gewerbsmäßige) s. Gewerbs-
mäßige Unzucht; auch Sittenpoli-
zei.
Unzüchtige Schriften und Bildwerke sind
solche, welche geeignet sind, das Scham= und
Sittlichkcitsgefühl, und zwar das normale Durch-
schnittsempfinden der Gesamtheit in geschlecht-
licher Beziehung zu verletzen (R#t. 32, 418).
Gemäß § 184 StG# B. wird mit Gefängnis bis
zu einem Jahre und mit Geldstrafe bis zu 1000 .4
oder mit einer dieser Strafen bestraft, wer
1. u. S., Abbildungen oder Darstellungen feil-
hält, verkauft, verteilt, an Orten, welche dem
Publikum zugänglich sind, ausstellt oder an-
schlägt oder sonst verbreitet, sie zum Zwecke der
Verbreitung herstellt oder zu demselben Zwecke
vorrätig hält, ankündigt oder anpreist; 2. u. S.,
Abbildungen oder Darstellungen einer Person
unter 16 Jahren gegen Entgelt überläßt oder
anbietet. Neben der Gefängnisstrafe kann auf
Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte sowie auf
Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden.
Die enge Auslegung, welche diese Bestimmungen.
in der gerichtlichen Praxis im Anschlusse an die
oben wiedergegebene Entscheidung des Reichs-
gerichts fanden, begünstigte das Aufkommen
zahlreicher Werke, die unter dem Deckmantel
wissenschaftlicher Aufklärung oder künstlerischer
Anregung pornographische Darbietungen ent-
halten. Die hierdurch hervorgerufenen Bestre-
bungen auf eine Verschärfung der Strafvor-
schriften führten im Jahre 1899 zum Entwurf
und sonstigen Verbreitung unzüchtiger Darstel-
lungen ausgeschlossen. Die Polizei muß sich viel-
mehr darauf beschränken, derartige Werke, vor-
ausgesetzt, daß sice den strafbaren Tatbestand des
§ 184 erfüllen, gemäß § 23 Nr. 3 des Preß-
gesetzes mit Beschlag zu belegen und der Staats-
anwaltschaft zu übersenden. Soweit es sich um
die besonders schwunghaft betriebene Einfuhr
pornographischer Erzeugnisse aus dem Auslande
handelt, ist mit der Verfolgung allein die Staats-
anwaltschaft bei dem Landgericht 1 in Berlin
betraut. Um eine möglichst enge Fühlung dieser
Staatsanwaltschaft mit den Polizeibehörden her-
zustellen, haben sämtliche Polizeiverwaltungen
alle auf diesem Gebiete gemachten Bceobach-
tungen und Feststellungen unverzüglich dem
Polizeipräsidenten in Berlin mitzuteilen. Von
diesem werden seine eigenen Beobachtungen
und die bei ihm einlaufenden Anzeigen der
anderen Polizeiverwaltungen an die Staats-
anwaltschaft bei dem Landgericht 1 Berlin
weitergegeben, sofern ein Anhalt zum Ein-
schreiten vorliegt (Erl. vom 2. Dez. 1910 —
Ml. 344; JMéE. vom 22. Okt. 1910 — 1 5262)9.
Etwas erweitert sind die polizeilichen Befugnisse
gegenüber der Verbreitung unsittlicher Werke
durch Feilbieten und Aufsuchen von Bestellungen
im Umherziehen, hiervon können Druckschriften,
andere Schriften und Bildwerke ausgeschlossen
werden, insofern sie in sittlicher Beziehung
Argernis zu geben geeignet sind (GewO. 8 56
Ziff. 12; OV. 36, 373). S. Druckschrif-
tenverbreitung II und Gewerbebe-
trieb im Umherziehen III 2; vol.
Schund= und Schmutzliteratur.
Lazarus, Das Unzüchtige und die Kunst.
Unzurechnungsfähigkeit s. Zurechnungs-
fähigkeit.
Unzuständigkeit s. Zuständigkeit.
Urbarien. I. U. (Urbarbücher) sind Urkunden,
in denen die zu einer Ortschaft gehörigen an-
gebauten Grundstücke und die auf ihnen ruhen-