Full text: Handwörterbuch der Preußischen Verwaltung. Zweiter Band (L-Z). (2)

Zoll und Zollwesen 
wendung, unter Umständen auch beide neben- 
einander. Erfolgt die Abfertigung zum freien 
Verkehr nicht als erste Abfertigung beim Grenz- 
eingange, sondern erst als weitere Abfertigung, 
nachdem ihr eine Abfertigung zur Lagerung 
oder zur Versendung (s. unten bhe u. f) voraus- 
gegangen ist, so kann von einer Wiederholung 
der früher getroffenen amtlichen Feststellungen, 
insbesondere auch von einer Wiederholung der 
schon einmal vorgenommenen speziellen Revision 
abgesehen werden. 
5. Die Abfertigung zum gebun- 
denen Verkehr erfolgt zu mannigfachen 
Zwecken, in mannigfacher Form und mit mannig- 
fachen zollrechtlichen Wirkungen. Sämtliche 
Arten der Absertigung zum gebundenen Verkehr 
haben nur das eine gemeinsam, daß die ab- 
gefertigte Ware auch nach der Abfertigung noch 
mehr oder minder unter Zollaufsicht gehalten 
wird. Nach den Zwecken, denen die verschie- 
denen Arten der Abfertigung dienen, lassen sich 
folgende Gruppen unterscheiden: 
a) Die Abfertigung auf Begleit- 
schein II (s. Begleitschein). Sie be- 
zweckt die Vermeidung von Geldversendungen 
und läßt zur Erreichung dieses Zweckes die Zoll- 
erhebung an ein anderes Amt als das Abferti- 
gungsamt überweisen. Es erfolgt wie bei der 
Abfertigung zur Verzollung auf Grund spezieller 
Revision die endgültige, von späterer Tarifände- 
rung unabhängige Festsetzung des auf der Ware 
ruhenden Zollbetrages. Wiederausfuhr oder 
Untergang der Ware haben eine Zollentlastung 
nicht zur Folge. Der überwiesene Zollbetrag ist 
sicherzustellen. Die Zollaufsicht beschränkt sich 
auf das — nur selten ausgeübte — Recht der 
Zollverwaltung, die Vorführung der Ware beim 
Begleitscheinempfangsamt zu verlangen. 
Die Abfertigung zur An- 
schreibung auf Privatkreditlager. 
Sie will die Verzollung der Ware während ihrer 
Lagerung aussetzen, um dem Kaufmann den Zoll 
bis zu ihrem Absatze zu stunden. Die Zollaussicht 
beschränkt sich auf das Verlangen der Lagerung 
an einem bestimmten Orte. Im übrigen gelten 
die unter a angegebenen Regeln. Von der Ab- 
fertigung zur Verzollung mit Zollstundung (s. d.) 
unterscheidet sich die Abfertigung zum Privat- 
kreditlager hauptsächlich dadurch, daß die drei- 
monatige Stundungsfrist teils verkürzt, teils bis 
zu sechs Monaten verlängert wird. Wegen 
der Zollberechnung s. Niederlagen Asb. 
c) Die Abfertigung zur vorüber- 
gehenden Verwendung (einschließ- 
lich der Vorzeigung oder Ausstel- 
lung) im Inland. Hierher gehören ins- 
besondere die Abfertigung der im Meß= und 
Marktverkehr (s. d.) zum ungewissen Ver- 
kauf eingehenden Waren, die Abfertigung auf 
Musterpaß (s. Muster) für die zum 
Wiederausgang bestimmten Muster von Hand- 
lungsreisenden, die Abfertigung ausländischer 
Ausstellungsgüter (s. Ausstellun- 
gen III) und die Abfertigung zum vor- 
übergehenden Gebrauch im Inlande 
(s. Retour waren letzter Absatz). Auch hier 
wird wie bei der Abfertigung zur Verzollung 
auf Grund spezieller Revision der auf der Ware 
ruhende Zollbetrag seiner Höhe nach endgültig, 
  
  
  
  
  
991 
und zwar ohne Rücksicht auf eine spätere Tarif- 
änderung festgesetzt, seine Erhebung tritt indes 
nur ein, falls nicht binnen einer gewissen Frist 
die Wiederausfuhr der Ware nachgewiesen wird. 
Die Zollentlastung durch Wiederausfuhr setzt den 
Nachweis der Identität (Nämlichkeit) voraus; es 
müssen daher zu deren Festhaltung bei der Ab- 
fertigung besondere Maßnahmen getroffen wer- 
den. Der Untergang der Ware im Inlande 
hat einen Anspruch auf Zollentlastung nicht 
zur Folge. 
d) Die Abfertigung zur aktiven 
Veredlung (s. Veredlungsverkehr), 
d. h. die Abfertigung von Waren, die im Inlande 
be= oder verarbeitet und demnächst wieder aus- 
ge führt werden sollen. Sie setzt die Vornahme 
der speziellen Revision voraus und liefert ohne 
Rücksicht auf spätere Tarifänderungen der Regel 
nach die endgültigen Grundlagen für eine 
spätere Zollerhebung, die im Falle des Aus- 
bleibens der Wiederausfuhr einzutreten hat. 
Wegen der Festhaltung der Identität (Nämlich- 
keit), die hier durch die Zweckbestimmung (Be- 
oder Verarbeitung) der Ware erschwert wird, 
s. Veredlungsverkehr A II. Für den 
Fall des Untergangs der Ware im Inland ist 
eine Zollentlastung vorgesehen. 
e) Die Abfertigung zur Lagerung 
(außer zum Privatkreditlager, s. oben unter b) be- 
weckt, während der Zeit der Lagerung die Ent- 
scheideng darüber auszusetzen, ob Zoll zu ent- 
richten ist oder nicht, und so dem Kaufmann 
die Möglichkeit zu geben, die eingekauften aus- 
ländischen Waren je nach Bedarf verzollt nach 
dem Inlande oder unverzollt nach dem Aus- 
lande abzusetzen. Für eine etwaige spätere 
Verzollung ist der Tarifsatz maßgebend, der zur 
Zeit der Gestellung der ausgelagerten Waren 
zur Verzollung oder einer der unter a bis d 
genannten Abfertigungsarten gilt. Die Ab- 
fertigung zur Lagerung setzt die Vornahme der 
speziellen Revision voraus. Je nachdem zur Fest- 
haltung der Identität der gelagerten Waren 
diese unter amtlichem Verschluß, und zwar 
Raumverschluß (s. d.), oder anderweitig unter 
Zollaufsicht gehalten werden, erscheint die Ab- 
fertigung zur Lagerung als Abfertigung 
zum Verschlußlager (zur öffentlichen 
Niederlage oder zum Privatlager unter amt- 
lichem Mitverschluß) oder als Abfertigung 
zum offenen Lager (zum Privatlager 
ohne amtlichen Mitverschluß oder zum fortlau- 
fenden Konto) I[s. Niederlagen und Kon- 
ten im Zollverkehr]]. Die zum Ver- 
schlußlager abgefertigten Waren bedürfen stets 
einer nochmaligen Vorführung und weiteren 
Abfertigung, die zum offenen Lager abgefer- 
tigten nur im Falle der Wiederausfuhr. Die 
ersteren haben im Falle des Untergangs, des 
Verderbens oder eines Gewichtsverlustes wäh- 
rend der Lagerung Anspruch auf Zollnachlaß, 
die letzteren nicht. Der Zoll für die letzteren 
ist sicherzustellen. 
k) Die Abfertigung zur Versen- 
dung bezweckt, während des Transports der 
Ware im Inlande die Entscheidung darüber aus- 
zusetzen, ob und in welcher Höhe Zoll zu 
entrichten ist. Sie gibt dem Kaufmann die 
Möglichkeit, erst nach dem Eingang der Ware
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.