— 247 —
Glaubhaftigkeit beim deutschen Volke erfreuen, als Herr Liebknecht,
als Gewährsmänner für die von Herrn Liebknecht selbst erfundene
Legende anführte. So geschah es ihm 1876 seitens des Leipziger
Gerichtsamtes und Bezirksgerichtes, als er den Verfasser dieser
Zeilen in verschiedenen Blättern und in einer öffentlichen Rede in
Stollberg (Sachsen) dadurch verleumdete, daß er behauptete, „ich
hätte in den damals von mir redigirten „Grenzboten“ geschrieben:
„Fürst Bismarck habe die Emser Depesche gefälscht.“ Herr Lieb-
knecht wurde damals in zwei Instanzen zu 300 Mk. Geldstrafe
und zur Veröffentlichung des Strafurtheils in zwei Zeitungen
rechtskräftig verurtheilt und durch die Urtheile beider Instanzen
festgestellt, daß ich eine Aeußerung der Art, daß Fürst Bismarck
die Emser Depesche „gefälscht" habe, in dem von Herrn Liebknecht
bätgelachten Artikel der „Grenzboten“ (von 1871) nicht gethan
ätte.)
Trotz dieser von der Berufungsinstanz, welche von Herrn
Liebknecht allein angegangen wurde, als sehr milde bezeichneten
Bestrafung für eine . schwere Verleumdung, besitzt nun Herr
Liebknecht die eigenartige Standhaftigkeit, im heutigen amtlichen
„Centralorgan der sozialdemokratischen Partei Dentschlands“", dem
„Vorwärts“ vom 5. Mai d. J., diese Verläumdung ungehenerlich
noch dahin zu verstärken:
Und nach dem Krieg .. schrieb der bekannte Hans Blum, Fürst
Bismarck habe ihm anvertraut, daß er selbst Fürst Bismarck) die Emser
Depesche gefälscht habe, um die Franzosen zur Kriegserklärung zu zwingen.
Der Redaktcur des „Volksstaat“, Liebknecht, veröffentlichte dies. Wegen
dieses Artikels wurde er von Hans Blum — nicht von dem Fürsten
Bismarck — verklagt und Liebknecht zu einer Geldstrafe von 360 Mark (in
Wahrheit nur 300 Mark und zu 67 Mark Kosten) verurtheilt.
Welche Folgen diese ungeheuerliche Verleumdung für Herrn
Liebknecht haben wird, kann hier ganz unerörtert bleiben. Aber
der Vorgang zeigt, wie die vis calumniatoria — der Hang zur
Lüge — in dem Herrn im Laufe der Jahre gewachsen ist. Im
Jahre 1876 ließ er drucken, ich hätte in einem Grenzbotenartikel,
der übrigens gar nicht von mir herrührte, sondern, wie das Urtheil
rechtskräftig feststellte, von unserem Berliner Korrespondenten, be-
hauptet, Bismarck habe die Emser Depesche gefälscht. Damals
wurde Herr Liebknecht bestraft, weil diese von ihm gegen mich er-
hobene Anschuldigung als unwahr erwiesen wurde. Heute wagt er
zu behaupten, in demselbem Artikel der „Grenzboten“ (welcher gar
nicht von mir herrührt, wie Herr Liebknecht aus jenen Akten nun
*) Akten des vormaligen königlichen Gerichtsamts im Bezirksgericht
Leipzig. II. C. 7678/76.