Die Reichssteuereform. Die Tabaislener. Die Bransteuer. 347
und die Einjührung der Lizenzstener beschlossen, welche der Neichstag seinerseits ab-
lehnte, weil er darin einen Vorboten des Tabaksmonopols witterte. Auch die Tabak-
steuer-Erhöhung war vom Neichstag nur in mäßigeren Sätzen genehmigt worden.
Vom Tabaksmonopol werden wir später zu reden haben.
Neben der Tabakstener hatte Bismarck dem Reichstag 1879 den Entwurf von
Gesetzen vorgelegt, welche die Erhöhung der Vransteuer und die Einsührung einer
Neichsstempelabgabe bezweckten. Beide Entwürfe waren unerledigt geblieben und
wurden daher dem Reichstag von 1880 von neuem vorgelegt.
Die Braustener war auf 15 Millionen Mark Eimahmen verauschlagt und be-
zweckte ungesähr eine Verdoppelung der bisherigen Steuersätze. Laut des Reichsgesetzes
vom 31. Mai 1872 zahlte nämlich Branmalz in der norddentschen Bransteuergemein-
schast, sobald es beim Brauen verwendet wurde, 2 Mark Stener für 50 Kilo; die
übrigen Brausurrogate zahlten 2—.4 Mark für dieselbe Gewichtsmenge. Begründet
wurde die gesorderte annähernde Verdoppelung der Stener folgendermaßen:
Seit zwanzig Jahren habe sich der Bierverbrauch in der norddenkschen Bransteuergemein-
schaft beinahe verdoppelt, die Stenererhöhung werde voraussichtlich den Verbrauch und die Er-
zeugung (das Brangewerbe) nicht schädigen und ein Ausgkeich der Bierbesleuerung in den nord-
deulschen und süddentschen Staaten, wo die Steuer wesentlich höher ist, erscheine auf Grund des
Artikels 35 der Reichsverfassung geboten. Endtich war gesagt: die finanzielle Lage des Reiches
sei durch die Annahme des Zolltarifs und des Tabaksteuergesetzes noch nicht so weit gefördert,
daß man von einer wesentlich höheren Biersteuer absehen lönne.
Diese Gründe sind in keiner Weise durchschlagend und überzengend. Denn zu-
nächst ist zweifellos die Folgerung unhaltbar: daß ein Genußmittel, dessen Verbrauch
im Laufe von zwanzig Jahren auf das Doppelte ansteigt, deshalb schon eine Ver-
doppelung seiner Bestenerung heransfordere. Sodann verkennt die Behanptung, „daß
die höhere Steuer den Verbranch und das norddentsche Brangewerbe kaum schädigen
werde“, die schwierigen Verhältnisse des norddentschen Brangewerbes. Gerade wenn
es richtig wäre, daß die Steuererhöhung den Verbrauch nicht vermindern würde, weil
es unmöglich wäre, die Steuererhöhung auch nur in einem Pfennigbruchteil anf den
Trinker des einzelnen Glases Bier abzuwälzen, so würde damit zugestanden, daß das
norddeutsche Brangewerbe die gesamte Steuererhöhung ans eigener Tasche hätte zahlen
müssen. Wem man uber nun die kümmerlichen Verdienstverhältnisse der kleinen und
mittleren norddeutschen Brauereien in Betracht zieht, so leuchtet ein, daß diese eine
Mehrbelastung von auch nur 5 Millionen Mark Stenern, geschweige denn 10—15 Mil-
lionen, jährlich nicht tragen könnten, ohne zu Grunde zu gehen. Deun von den 10,190
norddentschen Brauereien, welche 1879/80 bestanden, waren nur etwa 250 Groß-
betriebe (Aktiengesellschaften 2c.). Seit dem Jahre 1873 bis 31. März 1891 sind
dann nicht weniger als 2873 norddentsche Branereibetriebe eingegangen. Endlich steht
sich der süddeutsche Braner, trotz der erheblich höheren Brausteuer seines Heimatstaates,
doch sehr viel besser als der norddeutsche, weil der Bierverbrauch in der nord-
dentschen Bransteuergemeinschaft ein viel geringerer ist. Denn er betrug hier 1873
mur 55 Liter (1891: 87,8 Liter) pro Kopf, in Bayern dagegen 1873: 247,8 Liter
(1891 immer noch 221,2 Liter) pro Konf, so daß der süddemsche Vrauer ohne große