Full text: Das Deutsche Reich zur Zeit Bismarcks.

350 II. 3. Bismarcks Eisenbahn= u. Slenerresorm. Neuere wirtschaftl. Gesetzgedung 1879 S81. 
ausländische Wertpapiere mit 25, 50 und 100 Pfsennig. Die mit dem Zentrum 
verbündelen Konservativen versuchten statt dessen einen Prozentstempel auf die Schluß- 
scheine rc. durchzusetzen, ½20 vom Taufend bei allen wirklichen Börsenlieferungs- 
geschäften, /10 vom Tansend bei Zeit= oder Disserenzgeschäften. Die Freikonservativen 
und Liberalen dagegen traten für einen „Firstempel“ ein, welcher 20 Pfennig für 
Schlußscheine, bei Zeitgeschäften 1 Mark, und 20 Pfennig für Börsenrechnungen 
betragen sollte. Dieser Antrag sand Annahme und ging in das Gesetz über. 
Am 22. April 1880 unterbreitete Bismarck dem Bundesrat eine nene Reichs- 
stenervorlage, den Eutwurf einer Wehrsteuer. Sie sollte erhoben werden von jedem 
Militärdienstpslichtigen, welcher wegen körperlicher 2c. Unfähigkeit ausgemustert oder 
wegen Uberzähligkeit der Ersatzreserve erster oder zweiter Klasse zugewiesen wurde, 
und zwar sollte er eine seste Jahresstener von 4 Mark zahlen und außerdem eine 
Abgabe von seinem gesamten steuerpflichtigen Einkommen, die bis zu 3 Prozent sieigt 
und zwölf Jahre lang zu erheben ist, d. h. so lange, als der zum Wehrdienst heran- 
gezogene Altersgenosse des Befreiten zur Fahne einberufen werden kann. Das Gesetz 
sollte sogar rückwirkende Kraft bis 1874 haben, damit gleich ordentliche Beträge in 
die Reichskasse flössen. Die Begründung der Vorlage führte aus: 
„Das Motiv, ein Aquivalent für den persönlichen Diensl schaffen zu wollen, weist der Enl- 
wurf zurlick, da es kein der Ehrenpflichl des persönlichen Wehrdienstes und den darin begriffenen 
Opfern gegenüberzustellendes Geldäquivalent gibt, und daher auch niemals an deren Sielle 
lreten könnte.“ Dagegen rechlferlige sich diese Steuer aus der Erwägung, „dast der Wehrpslich- 
tige durch seine Heranziehung zur Militärpsticht, abgesehen von allem anderen, was damit ge- 
Leben ist, regelmäsig einen wirtschaftlichen Nachleil gegenüber dem nicht herangezogenen Wehr- 
pflichligen erleidel, indem dieser die für den Erwerb meist wichtigsten Jahre der Dienstpslichtzeit 
für sich voll ausnutzen und so einen erheblichen Vorsprung erreichen lann.“ Ausierdem aber sei die 
Sleuer nach der finanziellen Leistungsfähigkeit des Befreiten gerecht bemessen. 
Die Vorlage begegnete schon im Bundesrat entschiedener Abneigung. Nur wider- 
strebend verwies der Bundesrat am 22. April den Eutwurf an die Ausschüsse. Der 
Widersland dieser Behörde wurzelte nicht in sachlichen, sondern in politischen Bedenken. 
Daß eine mäßige Wehrstener gerechtfertigt ist, konnte man an dem Vorgang der 
Schweiz entnehmen, wo schon feil Jahren neben der allgemeinen Wehrpslicht eine 
Wehrsteuer bestand und überall ohne Widerstreben bezahlt wurde. Auch in Bayern 
war diese Steuer nach Einführung der allgemeinen Wehrpflicht von 18606 an mehrere 
Jahre lang in Geltung gewesen und nur algeschafft worden, weil keine Geldleistung 
die Erfüllumg der persönlichen Dienstpflicht ersetzen könne. Dieselbe Presse freilich, 
welche bei jeder Gelegenheit die Herabsetzung der Wehrpflicht als „einer fast uner- 
schwinglichen Leib= und Blutsteuer des Volkes“ begehrte, siellte sich nun der Wehr- 
steuer gegenlüber auf den „fdealen“ oder „puritanischen“ Standpunkt, von dem aus 
man einst in Bayer die Wehrstener abgeschafft hatte: die Ehrenpflicht des dentschen 
Militärdienstes könne durch keinerlei Geldabsindung aufgewogen werden. Als ob 
Bismarck dasselbe ulcht schon an der Spitze der Motive des Entwurfs gesagt hätte! 
Die Abneigung der Einzelstaaten, insbefondere der Mittelstaaten, gegen die Wehr- 
steuer wurzelte natürlich in einem anderen Grumde: Die Wehrstener war eine direkte
	        
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