Full text: Das Deutsche Reich zur Zeit Bismarcks.

502 II, 9. Außeere und innere Potitit des Deulschen Reiches (1879 bis März 1888). 
Der Kaifer, welcher dem Fürsten schon am Vorabend in engem Hostreise seinen 
wärmsten Dank ausgesprochen, wollte am Festtage selbst an das Höchste erinnern, was 
Bismarck ihm hatte erringen helfen, und sandte ihm deshalb am frühen Morgen das 
berühmte Bild Anton von Werners: „Die Verkündigung des neuen deutschen Keiser- 
tums zu Versailles“. Diese Ehrengabe begleitete der Kaiser mit jenem Schreiben, in 
welchem er zunächst seiner Freude darüber Ausdruck gab, daß in der Erinnerung an 
alles, was Fürst Bismarck für die Größe des Vaterlandes gethan, jetzt ein so mäch- 
tiger Zug des Dankes und der Verehrung für ihn durch die Nation gehe. „Sie, Mein 
lieber Fürst, wissen, wie in Mir jederzeit das vollste Vertrauen, die aufrichtigste Zu- 
neigung und das wänmste Dankgefühl jür Sie leben wird“, schloß das Schreiben. 
„Ich sage Ihnen daher mit diesem nichts, was Ich nicht oft geung ausgesprochen habe, 
und Ich denke, daß dieses Bild noch Ihren späten-Nachkommen vor Angen stellen 
wird, daß Ihr Kaiser und König und sein Haus sich dessen wohl bewußt baren, was 
Wir Ihnen zu danken haben.“ 
Auf den Kaiser folgte das deutsche Volk selbst mit seinen Gaben und Glück- 
wünschen. Seit jenem schmachvollen Beschlusse des Reichstags vom 15. Dezember 
1884, welcher Bismarck den notwendigen Mitarbeiter im auswärtigen Dienst versagte, 
hatten sich überall in Deutschland Komitees gebildet, welche Geld sammelten zu einem 
Ehrengeschenk der Nation an den Reichskanzler. Diese Sammlungen hatten schon vor 
dem 1. April 1885 den Betrag einer Million überschritten, und das Zentralkomitee 
hatte beschlossen, von dieser Summe den im Lause der Zeit für die Familie Bismarck 
verloren gegangenen Teil des Stammgntes Schönhausen anzukansen, alle übrigen 
Mittel aber dem Reichskanzler zur freien Verfügung für össentliche Zwecke zu stellen. 
Den Gedanken, das Ehrengeschenk des deutschen Volkes zum Wiedererwerb des alten 
Stammsitzes seines Geschlechtes zu verwenden, hatte der Kanzler selbst sehr freudig 
begrüßt. Nun konnte ihm der Vorsitzende des Zentralkomitees, der Herzog von Natibor, 
am 1. April 1885 mit einer kernigen Ansprache die Besitztitel überreichen, welche 
den seit dem Mittelalter behaupteten, unter der wirtschaftlichen Ungunst der Zeit vor 
einem halben Jahrhumdert verloren gegangenen Bertz dem Gute wieder hinzusügten, 
auf welchem Bismarck das Licht erblickt und seine Wiege gestanden hatte. Aber mit 
der Zahlung von 1,500,000 Mark für diesen Erwerb war die Summe, welche die 
Liebe und Dankbarkeit des deutschen Volkes dem Fürsten Bismarck als Ehrengeschent 
darbrachte, noch nicht zur Hälste erschöpst. Ein Betrag von rund 1,200,000 Mark 
konnte außerdem dem Fürsten zu sreier Verfügung überreicht werden. Sein hoch- 
herziger Sinn errichtete aus diesen Mitteln „die Schönhaufer Stiftung“, aus welcher 
Kandidaten des höheren Lehramtes, die Bildner und Erzieher der deutschen akademi- 
schen Iugend, in der Zeit nach ihrer Staatsprüfung und vor ihrer Anstellung (in 
Ausnahmefällen auch schon während ihrer Studien vor der Staatsprüsung) Unter- 
stützungen von jährlich 1000 Mark, und zwar längstens sechs Jahre lang, erhalten 
sollten. Die Verteilung der Unterstützungsbeiträge soll thunlichst in einem der Be- 
völkerung oder der Zahl der höheren Bildungsanstalten in den einzelnen deutschen
	        
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