Full text: Das Deutsche Reich zur Zeit Bismarcks.

504 II. 9. Qußsere und innere Politik des Deulichen Reiches (1879 bis März 1888). 
Dieselben Gewährsmänner behaupteten schon sosort nach dem 1. April 1885, 
daß das neue Gut Schönhausen jährlich 18,000 Mark einbringe. „Wenn die Herren 
dem Neichskanzler ein Pachtgebot in diesem Betrage machen wollten, so glauben wir 
ihnen den Zuschlag verbürgen zu können“, ließ Fürst Bismarck bei Darlegung 
dieser seiner privaten Vermögensverhältnisse im „Hamburgischen Korrespondenten“ 
vom 12. April 1885 (Hahn-Wippermann a. a. O., Bd. V, S. 467) antworten. 
„Ist doch bekannt, daß der alte Besitz Schönhausen, welcher an Ackerfläche um nur 
100 Morgen hinter dem neuen zurücksteht, vor einigen Jahren für den Pachtzins von 
24,000 Mark vergeblich ausgeboten wurde.“ Was endlich Varzin anlangt, so zieht 
Fürst Bismarck aus diesem Gute (in Prozenten der Kapitalanlage) wohl die geringsten 
Einkünfte. Nings am Horizont schweifen unsere Angen dort noch nicht bis zu seinen 
Grenzen. Oben auf den höchsten Hügeln kann man Schlawe und bei ganz klarem 
Wetter sogar die Ostsee erblicken. Denn sein Gut Varzin umsaßt 36,000 Morgen, 
aber sreilich meist Wald und kargen Boden. Durch die Aussorstung kahler, fandiger 
Hügel und Heiden in weitem Umkreise ist er der Wohlthäter und Arbeitgeber der 
ganzen Gegend geworden, aber den Ertrag dieser Opser werden erst seine Nachkommen 
ernten. Dort fließt eine Onelle, die auch bei größter Hitze nicht wärmer ist als fünf 
Grad RNéanmur. Wem alle Brunnen der Gegend versiegt waren vor Trockenheit, 
gab sie immer reichlich Wasser, und die Leute kamen von weither und füllten ihre 
Krüge. Darum ließ der Fürst über diesem Wasserlauf im Dorfe und weiterhin auf 
seine Kosten Brunnen bauen. 
Wer wollte bezweifeln, daß diese Züge den geseierten Liebling unseres Volkes 
uns doppelt teuer machen müssen und daher zu der gedrängten Schildermg der natio- 
nalen Bismarckseier vom 1. April 1885 gehören, welche hier gegeben wird. Doch 
das, was wir von dem Quell von Varzin sagten, klingt sast wie ein Gleichnis, in 
welchem ein Dichter versuchen würde, die Verdienste dieses einzigen Mannes um unser 
Volk bildlich auszudrücken: Als alle Brunnen versiegt waren vor Trockenheit, gab 
dieser eine Quell reichlich Wasser, und die Leute kamen von weither und sfüllten ihre 
Krüge hier. Der Fürst aber ließ Brunnen erbauen auf feine Kosten über dem ganzen 
Lauf dieser QOnelle, welche im tiefen Erdenschoß dahinströmt. So ward sein Cigen zum 
köstlichen Gemeingut des ganzen Volkes, und jeder Deutsche kann sich nun daran laben. 
So dachten alle die edeln deutschen Fürsten, die an jenem 1. April 1885 perfsön- 
lich zu Bismarck eilten, uum ihm mit Herz, Mund und Hand Dank zu sagen, vor allem 
der ehrwürdige Kaiser selbst und der Großherzog von Baden; so auch alle deutschen 
Fürsten, welche brieflich und durch ihre im Bundesrat vertretenen Minister damals 
Bismarck ihre Glückwünsche darbrachten. Schrieb doch der Herzog Ernst von Koburg: 
„Ihre Weisheit hat, unter dem Schimn unseres kaiserlichen Herrn, meit über alles 
Hoffen hinaus meinem Leben, wie dem aller Deutschen, den tief und heiß ersehnten 
Inhalt gegeben.“ So dachten alle die Vertreter deutscher Wissenschaft, deutscher 
Krieger, deutscher Sindentenschaft, deutscher Parlamente und aller Behörden und 
Stände des Neiches und Preußens, welche am 1. April 1885 vor Bismarck erschienen. 
So aber hauptsächlich auch die ehrwürdigen Veleranen der preußischen Erbkaiserpartei 
 
	        
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