Full text: Unsere Sozialdemokratie im Spiegel der ersten französischen Revolution.

12 Unsere Sozialdemokratie 
bekümmert ausruft, „elf feindliche Kavallerieregimenter darin 
gehaust hätten.“ 
Aber immerhin war selbst dieses übermaß feudaler Rechte 
und Lasten den armen Unterthanen noch erträglich, solange der 
Gutsherr auf seinem Schlosse seßhaft war und in Leid und Freud 
ihnen persönlich nahe blieb. Bis gegen das Ende des siebzehnten 
Jahrhunderts war dies überall der Fall, und da entwickelte sich 
denn auch überall ein freundlich -patriarchalisches Verhältnis 
zwischen Gutsherrschaft und Unterthanen. Außerst selten wird 
über Härte, Unterdrückung, Habsucht und Geiz des Gutsherrn 
geklagt. Gemeinsame Tänze und Jagden werden abgehalten; 
bei Mißernten, Hagel, Sturmverheerung u. s. w. teilt der Herr oft 
den letzten Bissen Brot mit den Unterthanen. Wo diese glückliche 
Eintracht bis zur Revolution bestehen blieb, da sind die Unter- 
thanen auch überall freudig, unter Führung des Herrn, gegen 
die Banden und Heere der Revolution in Kampf und Tod gezogen. 
Namentlich aber ist den Klöstern, Mönchen und der nie- 
deren Geistlichkeit Frankreichs nachzurühmen, daß sie bis zu ihrer 
Vernichtung durch die Revolution immer barmherzig und auf- 
opferungsvoll gegen ihre Unterthanen und Pflegebefohlenen ge- 
wesen sind, Freud und Leid aufs christlichste mit ihnen geteilt 
haben. Ihr Heldenmut vollends in den Jahren der Kirchen- 
und Priesterverfolgungen, ihr Widerstand gegen den Staatseid, 
welcher sie zwingen wollte, ihrem Gotte und Glauben abzu- 
schwören, ist über jedes Lob erhaben. Zu Tausenden haben sie 
auf dem Schaffot und in den Schlächtereien und Gemetzeln der 
Freiheitsstrolche ihr Leben gelassen, zu Tausenden sind sie in 
Hunger und Armut verkommen, oder gehetzt wie wilde Tiere 
sterbend zusammengebrochen. Aber ihren Gott haben sie nicht 
verraten. Mit rührender Dankbarkeit hat das Volk, das ihre 
Wohlthaten empfangen, ihnen vergolten. Hunderte von Bitt- 
schreiben mit unzähligen Unterschriften hat Taine in den fran- 
zösischen Archiven aufgefunden, welche flehentlich ersuchen, den 
Bittstellern ihre Wohlthäter, Seelsorger und Lehrer, die Pfarrer 
und Mönche, nicht zu nehmen. In der That war denn
	        
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