im Spiegel der ersten französischen Revolution. 15
setzliche Flüche und Racheschwüre in sich verschlossen. Seit Jahr-
zehnten war der heißeste Wunsch aller dieser Unterdrückten ge-
wesen, einst das Schloß brennen zu sehen, in welchem die Per-
gamente verwahrt wurden, die das Elend so vieler Menschen
lebenslang und hoffnungslos verbrieften. Nun, da die Revolu-
tion losbrach, flammten auch sofort fast überall in Frankreich
die Herrenschlösser, wurden Hunderte von Edelleuten unter grau-
samen Martern von ihren Unterthanen ermordet.
Die Kirche ihrerseits vermochte der hereinbrechenden Re-
volution außer durch den persönlichen Heldenmut ihrer Glieder
wenig Widerstand entgegenzusetzen, da auch ihr seit einem Jahr-
hundert jeder politische Einfluß entzogen war, und weil die
Hauptschlagworte und -Ideen jener Zeit dem christlichen Geiste
mit besonderer Feindschaft gegenübertraten. Außerdem aber
waren der Kirche gleich zu Anfang der Revolution ihre Güter
im Werte von 4000 Millionen und vorher schon, durch die
berühmte Nacht vom 4. August 1789, alle ihre Vorrechte, ins-
besondere die auf abermals 100 Millionen Jahreseinnahme zu
veranschlagenden Zehnten, genommen worden. Zu dem all-
gemeinen Ingrimm und Haß, der bis zum Ausbruche der Re-
volution aufgespeichert wurde, hat übrigens die Verschwendung
und Härte der Träger hoher Kirchenstellen, welche seit Lud-
wig XIV. freilich immer in den Händen weniger hoher fran-
zösischer Adelsfamilien sich forterbten, ebensoviel beigetragen, als
die Verschwendung und Härte der weltlichen Großen und Edel-
leute. Denn Kirchenfürsten, welche bis anderthalb Millionen
jährlicher Einkünfte hatten, ließen ihre wackeren Pfarrer im
tiefsten Elend darben. Als Ludwig XV. einst dem Bischof Dillon
sagte: „Sie sind viel auf der Jagd, Herr Bischof, trotz der ge-
setzlichen und kanonischen Verbote. Ich weiß etwas davon. Wie
wollen Sie Ihren Pfarrern die Jagd verbieten, wenn Sie ihnen
ein solches Beispiel geben?" da erwiderte Dillon: „Sire, wenn
meine Pfarrer jagen, so ist das ihr Fehler; wenn aber ich jage,
so ist das der Fehler meiner Ahnen“. Und als Ludwig XVI.
demselben Dillon vorstellte: „Herr Erzbischof, man sagt, daß