Full text: Unsere Sozialdemokratie im Spiegel der ersten französischen Revolution.

21 Unsere Sozialdemokratie 
Mensch kann nicht eine bloße Ansammlung von Organen sein. 
Es ist in ihm etwas Höheres als der Stoff. Die Eindrücke, die 
er von seinen Sinnen empfängt, machen nicht seinen ganzen In- 
halt aus. „Ich bin nicht bloß ein fühlendes und duldendes 
Wesen“, schreibt Rousseau, „sondern ein handelndes und einsich- 
tiges, und was auch die Philosophie darüber sage, so werde ich 
die Ehre des Denkens für mich beanspruchen. Man zeige mir 
ein anderes Lebewesen auf Erden, welches Feuer machen und die 
Sonne mit Bewußtsein bewundern kann. Was! Ich kann be- 
obachten, die Wesen und ihre Beziehungen erkennen; ich kann 
empfinden und unterscheiden, was Ordnung, Schönheit, Tugend 
ist; ich kann das Weltall betrachten, mich zu der Hand dessen 
emporheben, der es beherrscht; ich kann das Gute lieben, es 
thun — und ich möchte mich mit den Tieren vergleichen!“ 
Der Mensch ist frei, fähig zwischen zwei Handlungen 
zu wählen, mithin Schöpfer seiner Handlungen, also eine ur- 
sprüngliche und erste Ursache, „eine nicht irdische Sub- 
stan z“", unterschieden von dem Körper, eine Seele, welche sich 
durch den Körper bewegt fühlt und welche den Körper überleben 
kann. Diese in das Fleisch gebannte unsterbliche Seele 
hat eine Stimme, das Gewissen. „Gewissen!"“ ruft Rousseau 
begeistert, „göttlicher Instinkt, unsterbliche himmlische Stimme, 
zuverlässiger Führer eines unwissenden und beschränkten, aber 
einsichtsvollen und freien Wesens, unfehlbarer Richter des Guten 
und Bösen, du machst die Menschen gottähnlich, du verleihst 
seiner Natur die Auszeichnung!“ Zur Seite unserer Eigenliebe, 
der zu Gefallen wir das All uns selbst unterwerfen, schreitet 
die Liebe zur Ordnung, vermöge deren wir uns dem All unter- 
werfen. Zur Seite der Selbstsucht, mit welcher der Mensch sein 
Glück selbst auf Kosten anderer sucht, beseelt ihn die Liebe, welche 
ihn antreibt, das Glück der anderen selbst auf Kosten seines 
eigenen zu erstreben. Der persönliche Genuß genügt ihm nicht; 
er muß auch den Frieden des Gewissens haben und die Er- 
güsse des Herzens. — „So ist der Mensch, wie Gott ihn 
geschaffen und gewollt hat; es besteht kein Fehler in diesem
	        
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