Full text: Unsere Sozialdemokratie im Spiegel der ersten französischen Revolution.

im Spiegel der ersten französischen Revolution. 9 
ginnen mit den Ständen, welche sich damals geschlossener Stan- 
desvorrechte erfreuten, des Adels, der Kirche, der Krone und 
des königlichen Hofhaltes. Denn daraus gewinnen wir sofort 
das Ergebnis, wie wenig für die übrigen Franzosen des Bürger-, 
Bauern= und Arbeiterstandes in Stadt und Land an Rechten, 
Freiheiten, Grundbesitz und am gemeinsamen Genuß der Staats- 
einkünfte übrig blieb. 
Die bevorrechteten Stände des Adels und der Geist- 
lichkeit umfaßten, nach Taine's Berechnung, die sich hier wie 
überall in seinem klassischen Werke auf tausende von Urkunden 
der französischen Archive stützt, von den etwa 26 Millionen Ein- 
wohnern des damaligen Frankreich nur 270,000 Köpfe, also 
wenig mehr als eine Viertelmillion Franzosen, so daß beinahe 
2534 Millionen Franzosen diesen Bevorrechteten gegenüber- 
standen. 
Von den 270,000 Bevorrechteten kamen 140,000 Köpfe 
auf den Adel, 130,000 auf die Geistlichkeit. Diese beiden bevor- 
rechteten Stände besaßen die Hälfte des Königreichs an 
liegenden Gütern zu eigen, und zwar die reichere Hälfte. 
Der Geistlichkeit allein gehörten Güter im Werte von 
4000 Millionen (4 Milliarden) Livres. Da das Geld 1789 
mindestens viermal so wertvoll war, als heute, so würde der 
damalige Grundbesitz der französischen Geistlichkeit also einem 
heutigen Geldwert von sechzehn Milliarden gleichkommen. Man 
hätte also aus diesen Gütern dreimal die Kriegsentschädigung 
bezahlen können, welche Frankreich nach 1871 mit 5 Milliarden 
an Deutschland abführen mußte, und hätte immer noch eine 
Milliarde übrig behalten. Aus diesen Gütern gewann die fran- 
zösische Geistlichkeit vor 1789 einen Jahresertrag von 80—100 
Millionen, mit dem Zehnten bezog sie ein Jahreseinkommen 
von 200 Millionen. 
In gleich großem, ja ungeheuerem Güterbesitz befanden 
sich der Adel und die Geadelten. Denn seit 200 Jahren er- 
warben in Frankreich auch die Beamten, seit 100 Jahren vor 
der Revolution auch die reichen Bankiers den Adel. „Wenn
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.