Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches.

324 Dritter Teil: Die einzelnen Materien des Reichsrechts. 
„Schon im Februar dieses Jahres haben Wir Unsere Ueberzeugung 
aussprechen lassen, daß die Heilung der sozialen Schäden nicht 
ausschließlich im Wege der Repression sozialdemokratischer Ausschreitungen, 
sondern gleichmäßig auf dem der positiven Förderung des 
Wohles der Arbeiter zu suchen sein werde. Wir halten es für 
Unsere Kaiserliche Pflicht, dem Reichstag diese Aufgabe von neuem ans 
Herz zu legen, und würden Wir mit umso größerer Befriedigung auf 
alle Erfolge, mit denen Gott Unsere Regierung sichtlich gesegnet hat, 
zurückblicken, wenn es Uns gelänge, dereinst das Bewußtsein mitzu- 
nehmen, dem Vaterlande neue und dauernde Bürgschaften seines inneren 
Friedens und den Hilfsbedürftigen größere Sicherheit und 
Ergiebigkeit des Beistandes, auf den sie Anspruch haben, 
zu hinterlassen. In Unseren darauf gerichteten Bestrebungen sind 
Wir der Zustimmung aller verbündeten Regierungen gewiß und ver- 
trauen auf die Unterstützung des Reichstages ohne Unterschied der 
Parteistellung. 
In diesem Sinne wird zunächst der von den verbündeten Re- 
gierungen in der vorigen Session vorgelegte Entwurf eines Gesetzes 
über die Versicherung der Arbeiter gegen Betriebsunfälle 
mit Rücksicht auf die im Reichstag stattgehabten Verhandlungen über 
denselben einer Umarbeitung unterzogen, um die erneute Beratung des- 
selben vorzubereiten. Ergänzend wird ihm eine Vorlage zur Seite 
treten, welche sich eine gleichmäßige Organisation des Krankenkassen- 
wesens zur Aufgabe stellt. Aber auch diejenigen, welche durch Alter 
und Invalidität erwerbsunfähig werden, haben der Gesamtheit gegen- 
über einen begründeten Anspruch auf ein höheres Maß 
staatlicher Fürsorge, als ihnen bisher hat zu teil werden können. 
Für diese Fürsorge die rechten Mittel und Wege zu finden, ist 
eine schwierige, aber auch eine der höchsten Aufgaben eines jeden Ge- 
meinwesens, welches auf den sittlichen Fundamenten christlichen Volks- 
lebens steht. Der engere Anschluß an die realen Kräfte dieses Volks- 
lebens und das Zusammenfassen der letzteren in der Form korporativer 
Genossenschaften unter staatlichem Schutz und staatlicher Fürsorge werden, 
wie Wir hoffen, die Lösung auch von Aufgaben ermöglichen, denen 
die Staatsgewalt allein in gleichem Umfang nicht gewachsen sein 
würde. Immerhin aber wird auch auf diesem Wege das Ziel nicht 
ohne die Aufwendung erheblicher Mittel zu erreichen sein.“ 
In diesem Sinne sind in der Folge das Gesetz vom 15. Juni 
1883, S. 73 betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter 
ergangen. Dieses Gesetz ist in mehrfacher Hinsicht ausgedehnt und durch 
Gesetz vom 28. Mai 1885, S. 159 und 3. Mai 1886, S. 132, 
ergänzt bezw. in neuerer Fassung durch Bekanntmachung vom 10. April 
1892, S. 417 publiziert worden. Aber auch dieses Gesetz, namentlich 
die §§ 2 und 54 sind wieder durch Reichsgesetz vom 30. Juni 1900, 
S. 332 ergänzt worden und namentlich durch die Novelle vom 25. Mai
	        
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